Regionalliga West

"Willi, lass dich knuddeln!" Nicolai Remberg (r.), einer der besten Preußen, bejubelt mit Joker William Allin Moller dessen Siegtor gegen Alemannia Aachen.

"Willi" lässt es møllern


Von Christian Lehmann

(16.12.20) Kann es eigentlich einen Publikumsliebling ohne Publikum geben? Preußen Münsters Trainer Sascha Hildmann findet jedenfalls, dass William Allin Møller das Zeug dazu hat. "Ich glaube, wenn heute 5000, 6000 Zuschauer hier gewesen wären, hätten einige laut 'Williiiiiiie' gerufen", sagte der SCP-Coach nach dem hochverdienten 1:0 (0:0)-Erfolg über Alemannia Aachen. Nach qualvollen Wochen können die Preußen wieder lachen. Bis es soweit war, mussten sie aber wieder ziemlich lange leiden.

Es lief schon die 85. Spielminute, da belohnten sich die Adlerträger endlich für ihren enormen Aufwand - und das nach dem schönsten Angriff im gesamten Spiel. Linksverteidiger Niklas Heidemann, mittlerweile längst Flügelstürmer, spielte den Ball in den Strafraum zu Alex Langlitz. Per Absatzkick beförderte dieser die Murmel zu Nicolai Remberg. "Rambo" hätte schon abschließen können, er leitete aber weiter zu Møller, den die bis hierhin so wacker verteidigenden Aachener wohl komplett vergessen hatten. Mit einem satten Abschluss ins kurze Eck sorgte der 22-jährige Stürmer für einen Extase-Moment.

Møller, erst in der 77. Minute eingewechselt, wurde nach seinem Jubellauf von einer Spielertraube begraben und musste erst einmal ziemlich durchpusten. In seinen ersten beiden Kurzeinsätzen hatte der 1,93 Meter große Neuzugang vom dänischen Zweitligisten FC Sydvest noch wie ein Fremdkörper gewirkt. Wenn er in den kommenden Wochen in Sachen Fitness noch etwas zulegt und mehr Bindung zur Mannschaft findet, könnte der bullige Angreifer zur Lösung der Offensivprobleme beim SCP werden. So schnell geht das im Fußball.

Holtby ist der Chef im Mittelfeld

Die Verunsicherung nach zuletzt vier Spielen ohne Sieg und nur einem Treffer in den vergangenen vier Partien war den Preußen von Beginn an nicht anzumerken. Vor allem Joshua Holtby riss gegen seinen Ex-Klub direkt die Chefrolle an sich. Der nominelle Sechser interpretierte seine Position im Mittelfeldzentrum so offensiv, dass die Hausherren quasi in einem 4-1-4-1 agierten. Immer wieder lief der SCP gepusht von Holtby und Alex Langlitz früh an, das Gegenpressing funktionierte ebenfalls. Aachen kam kaum raus aus der eigenen Hälfte. Wenn, dann wurde es allerdings brandgefährlich: Stipe Batarilo-Cerdic tauchte nach einem blitzschnellen Konter frei vor Max Schulze-Niehues auf, doch der parierte stark mit dem Fuß (7.). 

Geduldig und passsicher bereiteten die Gastgeber ihre Angriffe vor, brenzlig wurde es vor allem, wenn es genügend Platz zum Flanken gab. Sturmspitze Osman Atilgan hatte Pech mit einem Lattenkopfball nach butterweichem Zuspiel von Langlitz (22.), der Rechtsaußen selbst köpfte nach Vorarbeit von Simon Scherder knapp am Tor vorbei (23.). Auch Marcel Hoffmeier war nach einer Holtby-Ecke mit dem Kopf dran, doch Alemannia-Schnapper Joshua Mroß meisterte die Situation (36.). Richtig schick kombinierten die Grün-weiß-schwarzen die nächste Chance durch Nicolai Remberg vor. Holtby schickte Niklas Heidemann auf die Reise, dessen Flanke landete bei Langlitz, der mit der Brust ablegte - das konnte man sich gut begucken (38.).

Mit allem, was er hat, geht Alex Langlitz (l.) in den Zweikampf mit Aachens Nick Galle.

Blöderweise gehört aber zum Fußball nun mal auch das Toreschießen. Eben damit tun sich die Preußen dieser Tage einfach schwer. Remberg, Münsters Bester an diesem Abend, rannte wie ein Duracell-Hase, gab keinen Ball verloren und hatte viele gelungene Offensivaktionen. Dass er drei Minuten nach Wiederanpfiff aus vier Metern nach einer Flanke von Julian Schauerte den zweiten Ball nicht zum Torerfolg nutzte, war allerdings fahrlässig. Mit der Einwechslung von Benedikt Zahn für den in Durchgang zwei wirkungslosen Atilgan (62.) sorgte Hildmann für den ersten Impuls, die Hereinnahme von Møller für Justin Möbius (77.) war dann das klare Signal: Jetzt versuchen wir's mit der Brechstange.

Møller fügte sich mit einem Sololauf über die linke Seite gut ein, danach orientierte er sich ins Zentrum, wo er zunächst eine starke Flanke von Remberg nicht verwertete (79.). Wenige Minuten später passte aber alles. Die Aachener, bei denen sich Kapitän Alex Heinze in den Schlussminuten trotz Schulter-Verletzung über den Platz schleppte, hatten sich bis kurz vor dem Ende hinten eingeigelt und konnten den Schalter letztlich nicht mehr umlegen. 

SC Preußen Münster - Alemannia Aachen 1:0 (0:0)
Tor: 
1:0 Moller (85.)
Preußen: Schulze Niehues – Schauerte, Scherder, Hoffmeier, Heidemann – Erdogan – Langlitz, Remberg, Holtby (88. Borgmann), Möbius (77. Møller) – Atilgan (62. Zahn)
Aachen: Mroß – Uchino, Müller, Heinze, Galle – Rakk (90.+2 Arifi), Zahnen – Blumberg, Aydogan, Batarilo-Cerdic (79. Boesen) – Dahmani (86. Baum)

 

Stimmen zum Spiel: 

SCP-Trainer Sascha Hildmann: Das tut natürlich gut. Das war von Anfang an ein sehr guter, couragierter Auftritt. Wir sind sehr früh angelaufen und hatten die bessere Spielanlage. Bis zum Sechzehner hat das hervorragend ausgesehen. Aachen ist sehr stark, eine gute Mannschaft, die mit Kontern gefährlich ist. Die Mannschaft hat immer weitergemacht, nicht aufgegeben und sich mit einem Tor belohnt. Das haben wir uns auch verdient. 

Niklas Heidemann: Wir haben es endlich mal erzwungen. Irgendwo zehrt es auch an den Kräften nach den vielen Spielen in den letzten Wochen. Die ganzen Spiele in diesen drei Monaten durchzupowern, das war schon sehr hart. Aachen stand sehr tief und sehr geordnet. Wir sind immer wieder angelaufen, das war schon richtig gut. Wir haben immer gesehen, dass wir unsere Torchancen hatten, mussten es jetzt nur mal erzwingen. Vielleicht ist ja jetzt der Knoten geplatzt für die nächsten Spiele. Willi ist ein super Junge, der es bestimmt nicht einfach gehabt hat. Das ist das erste Mal, dass er allein von zuhause weg ist in einem fremden Land. Er musste sich jetzt erst einmal eingewöhnen, aber das Tor wird ihm jetzt sicherlich einen Push geben. 

William Møller: Ich hatte sehr viel Platz und habe ihn reingemacht, danach gab es große Emotionen. Es hat sich gut angefühlt, das erste Tor nach so langer Zeit zu erzielen. Ich bin auf jeden Fall noch nicht bei 100 Prozent. Die Richtung stimmt. Wir haben einige gute Stürmer im Team, es gab keine wirkliche Diskussion darüber, dass wir Druck haben. Ich sollte in der Spitze bleiben und in der Box auf die Bälle warten. Bei meiner ersten Kopfballchance hätte ich besser abschließen können. Ich erinnere mich nicht mehr ganz genau, wann ich mein letztes Tor erzielt habe, aber mein letztes Spiel in Dänemark ist ein Jahr her. 

Osman Atilgan (M.) war emsig, gegen Aachens Innenverteidiger-Schränke um Alexander Heinze konnte er sich aber nur selten in Szene setzen.