Regionalliga West

Jules Schwadorf (l.) rackert sich in diesem Zweikampf mit Wegbergs Norman Post ab. Der Offensivmann war für Osman Atilgan in die Startelf gerutscht und belebte das Spiel der Preußen. Er ließ aber auch die besten Chancen des SCP liegen.
Julian Schauerte (l./gegen Sebastian Wilms) war im ersten Durchgang nur selten zu sehen, nach der Pause schwurbelte Preußens Kapitän dann eine Flanke nach der anderen in den Sechzehner der Gäste - das allerdings ohne Ertrag.

SCP verzweifelt an Wille - und sich selbst


Von Christian Lehmann

(28.11.20) "Mir geht der K...stift!" Kurz nachdem er in Minute 87 einen Kopfball von Lukas Frenkert mit einem katzenartigen Reflex entschärft hatte und auch der Nachschuss von Alex Langlitz nur das Außennetz seines Tores touchiert hatte, brachte Eric Wille die Ordner hinter dem Tor des FC Wegberg-Beeck zum Schmunzeln. Eric wer? Eric Wille, so heißt der junge Mann, der den SC Preußen Münster beim torlosen Remis gegen den Gast aus dem Kreis Heinsberg um den Verstand brachte. Der erst 18-jährige Bünsel ist eigentlich U19-Torwart, trainiert aufgrund der Ausfälle zweier Kollegen seit ein paar Wochen im Kader der Ersten mit und rückte in der 36. Minute plötzlich in den Fokus.

Nach einem Zuspiel Niklas Heidemanns in die Spitze knickerte der Ball mehr zufällig vor die Füße von Joel Grodowski. Der legte den Ball an Wegberg-Keeper Denis Jansen vorbei, wurde klar am Fuß getroffen, strauchelte und kam zu Fall. Schiedsrichter Leonidas Exuizidis pfiff sofort und zückte korrekterweise die Rote Karte gegen den Schlussmann. Hätte er jedoch noch eine Sekunde gewartet, hätte er den Karton wohl stecken lassen können, denn Grodowski rappelte sich auf und hätte die Murmel wohl versenkt. Sei's drum, Bubi Eric Wille musste ins Tor und hatte direkt eine knifflige Aufgabe zu meistern. Nach dem Freistoßtrick von Alex Langlitz profitierte er von der zu schwachen Ausführung von Jules Schwadorf (38.).

Schwadorf überzeugt, lässt aber zu viel liegen

À propos Schwadorf: Der Offensivmann, der gemeinsam mit Gianluca Przondziono (für Naod Mekonnen) in die Startelf gerückt war und Osman Atilgan ersetzte, rechtfertigte seinen Einsatz mit viel Fleiß, tollen Dribblings und klugen Zuspielen. Wie seine Kollegen fehlte aber auch ihm das nötige Glück im Abschluss. Die Preußen begannen mit viel Ballkontrolle und zogen das Spiel über die hoch aufrückenden Außenverteidiger Julian Schauerte und Niklas Heidemann in die Breite, die offensiven Außen Grodowski und Langlitz rückten immer wieder ein und waren anspielbar bei tiefen Pässen durchs Zentrum. Die Zuspiele kamen jedoch meist nicht an oder wurden durch einen Abseitspfiff gestört - die Gäste machten das wirklich clever. Die beste Chance ließ Grodowski liegen, der nach Balleroberung Przondzionos und Zuspiel Schwadorfs selbst den Abschluss suchte, statt auf die eingelaufenen Nicolai Remberg oder Langlitz querzulegen (22.). 

Nicolai Remberg (l.) ist hier mal Nils Hühne entwischt. Der Preußen-Youngster lief immer wieder emsig an, entfachte aber zu wenig Torgefahr.

 

Dann kam besagter Wille, und der baute direkt bei seiner zweiten Szene einen dicken Bock. Der Querschläger im Strafraum landete knapp fünf Meter vor dem Tor beim überraschten Schwadorf, doch der verzog völlig (42.). Der übte sich später in Selbstkritik, auch Trainer Sascha Hildmann war stinkig: "Das Geschenk muss er einfach annehmen, das erwarte ich von Jules Schwadorf." 

Zu viel Hektik nach der Pause

Zur Pause brachte der Preußen-Trainer Justin Möbius für Dominik Klann - die auf dem Papier offensivere, kreative Variante. Mehr Zug zum Tor entfachten die Adlerträger allerdings nicht. Im Gegenteil, sie wurden zusehends hektisch. Viele schlampige Ballverluste ermöglichten den Gästen Konter-Szenen und schließlich Standard-Chancen. Wegbergs Hightower im Mittelfeld-Zentrum, Marvin Brauweiler, hätte so beinahe nach Flanke von Tom Meuer das 0:1 erzielt (55.). Glück hatte die Hintermannschaft um Max Schulze Niehues auch, als Norman Post den Ball ans Außennetz feuerte (58.).

"Ruuuuuhiiig!" ermahnte Schwadorf seine Kollegen immer wieder. Tatsächlich hatten die Angriffe der Hausherren nach etwa einer Stunde wieder etwas mehr Struktur. Nach einem Foulspiel von Shpend Hasani an Prondziono forderten die Preußen zu Unrecht einen Elfmeterpfiff, der Wegberger hatte seinen Gegenspieler klar außerhalb der Box getroffen (60.). Während Möbius kein Empfehlungsschreiben abgab, sorgte vor allem Joker Benedikt Zahn, der nach 68. Minuten für Remberg gekommen war, für gute Momente. Er ging jedem verlorenen Ball nach und hatte meist sein Füßchen im Spiel, wenn es gefährlich wurde. Die nun entschlosseneren Preußen hatten Pech bei Kopfbällen von Langlitz (67.) und Schwadorf (72.), die letzte Torchance ließ der kurz vor Schluss eingewechselte Frenkert per Kopf nach einer Schwadorf-Ecke liegen (87.). Als die fünf Minuten Nachspielzeit rum waren, wich der "K...stift" in der Hose von Eric Wille großer Erleichterung und Freude über einen etwas schmeichelhaften, aber nicht unverdienten Punktgewinn.

SC Preußen Münster - FC Wegberg-Beeck     0:0
Preußen:
Schulze Niehues – Schauerte, Scherder, Erdogan, Heidemann (81. Frenkert) – Przondziono, Klann (46. Möbius) – Langlitz, Schwadorf, Grodowski (63. Atilgan) – Remberg (63. Zahn)
Wegberg-Beeck: Jansen – Leersmacher, Hühne, Wilms, Meurer – Brauweiler, Mandt (87. Filipovic) – Kabambi (90.+4 Asani), Kühnel (38. Wille), Post – Hasani (88. Skraparas)
Rote Karte: Wegbergs Jansen (36./Notbremse)

 

Stimmen zum Spiel:

SCP-Coach Sascha Hildmann: Das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Wir hatten genug Möglichkeiten, das Spiel zu entscheiden. Geschenke haben wir nicht angenommen, mir wäre das Tor lieber gewesen als die Rote Karte. Wir haben versucht, eine Lücke zu finden, das ist uns nicht gelungen. Wir haben zu viele schlampige Pässe gespielt und falsche Entscheidungen getroffen. Trotzdem hatten wir die Chancen. Der Torwart hält wie sau, den Kopfball von Frenkert holt er richtig gut. Wenn's ganz blöd läuft, können wir das Spiel sogar noch verlieren. Gerade in der Offensive müssen wir uns steigern. Wir haben hier zwei Punkte verloren. 

Jules Schwadorf: So ist das im Fußball, wenn Du die Torchancen nicht nutzt, dann gewinnst Du das Spiel nicht. Da muss ich mich selber auch in die Pflicht nehmen. Ich hatte die größte Torchance, das Ding muss ich einfach machen. Es ist schon auffällig, dass die Mannschaft mich sucht, sobald ich im Spiel bin, aber das ist auch meine Aufgabe. Wenn wir die Bälle reinschießen, geht's hier 3:0 oder 4:0 aus. Sechs, sieben Torchancen sollten ausreichen, um ein Tor zu schießen. Wir haben zwei Punkte verloren, das nervt uns alle sehr, aber Köpfe hängen lassen gibt's nicht! 

Julian Schauerte: Das ist nunmal so, wenn der Gegner in Unterzahl ist. Dann pushen sich alle und haben noch mal ein bisschen mehr Luft. Wir müssen viel zwingender sein, einfacher spielen und aggressiver in der Box sein. Es sind Kleinigkeiten, die uns gerade fehlen. Wir waren in manchen Situationen einfach zu hektisch.