Regionalliga West

Gerrit Wegkamp (M.) bedankt sich nach dem Führungstor bei Assistgeber Julian Schauerte. Auch Simon Scherder (r.) kommt zum Gratulieren.

Der Wegkamp-Effekt greift beim SCP


Von Christian Lehmann

(16.01.21) Das Jahr 2021 hätte für Gerrit Wegkamp und den SC Preußen Münster schlechter starten können. Gleich in seinem ersten Pflichtspiel für die Adlerträger hat der aus Ochtrup stammende Winter-Neuzugang vom FSV Zwickau gezeigt, warum er als großer Hoffnungsträger an der Hammer Straße empfangen wurde. Beim 2:0 (0:0)-Erfolg über "Angstgegner" SV Rödinghausen belohnte der Stürmer seine engagierte Leistung mit einem Treffer und half entscheidend dabei mit, dass die Preußen im siebten Anlauf den ersten Pflichtspielsieg überhaupt gegen den SVR feierten. 

Es lief die 52. Spielminute, da schickte Münsters Sechser Okan Erdogan Julian Schauerte auf die Reise. Der Kapitän verzögerte geschickt, ließ so Rödinghausens Angelo Langer ins Leere grätschen und brachte den Ball von rechts in den Strafraum, wo Wegkamp lauerte. Eigentlich war die Murmel ziemlich lange in der Luft und entsprechend schwer zu verwerten. Kein Problem jedoch für den kantigen SCP-Stürmer, der wie "Hubschrauber" Vahid Hashemian zu dessen besten Zeiten in der Luft stand und den Ball mit Wucht und Präzision ins lange Eck drückte - ein herrlicher Kopfballtreffer!

"Eine super Flanke von Schaui"

"Wenn ich was kann, dann ist es sowas", sagte der Torschütze nach dem Match breit grinsend. "Das war eine super Flanke von Schaui, der Spielzug war wie gemalt. Ich habe Glück gehabt, dass ich da richtig stehe und das Ding mache. Ich habe genau den Punkt erwischt, den ich erwischen wollte", erklärte er. Das Tor sei für ihn auch die logische Konsequenz daraus, dass er in der Domstadt hervorragend aufgenommen wurde und sich in der Truppe richtig wohl fühle. "Ich war sofort ins Spiel eingebunden und fühle mich schon jetzt nicht mehr als Neuzugang."

Ins Spiel eingebunden war auch Nicolai Remberg. Der Youngster ist die SCP-Entdeckung der Saison, machte wieder einmal ein starkes Spiel und belohnte sich mit dem Treffer zum vorentscheidenden 2:0 (76.). Nach einem Freistoß von Jules Schwadorf fiel "Rambo" im Strafraum der zweite Ball vor die Füße, im Nachsetzen drückte er ihn mithilfe des Innenpfostens rein. Bemerkenswert, mit welchem Fleiß, mit welcher Physis der erst 20-Jährige seit Wochen auf sich aufmerksam macht. Sein Trainer Sascha Hildmann bemühte sich nach dem Spiel, alles dafür zu tun, dass der Rheinenser nicht abhebt: "Ich kann den Jungen doch nicht immer loben. Das ist jetzt mal gut", sagte der Pfälzer, um dann doch hinterher zu schieben: "Der Junge macht das richtig gut. Er klaut Bälle, das ist unfassbar! Beim Ausdauertest war er der Beste, das kommt nicht von ungefähr..."

Grundstein für den Sieg war wieder einmal die Preußen-Defensive. Die Hintermannschaft um Simon Scherder wackelte eigentlich nur in der Schlussphase ein wenig. Neun Ecken feuerten die Gäste insgesamt in die SCP-Box, so richtig gefährlich wurde es allerdings selten. Münsters Schnapper Max Schulze-Niehues bestand den Stresstest gegen Ba-Muaka Simakala (80.), zudem forderten die Gäste nach einem vermeintlichen Foulspiels Roshon van Eijmas gegen Jannik Mause einen Elfmeter (83.) - vergebens.

Viele Zweikämpfe und lange Bälle

Die Hausherren, bei denen Dennis Daube nach seiner Mittelfußprellung erstmals seit dem 3. November wieder in der Startelf stand, hatten einen guten Start in die Partie erwischt. Allerdings mussten Scherder und Marcel Hoffmeier gegen die schnellen Rödinghausener Spitzen Simakala und Yassin Ibrahim stets auf der Hut sein. Keine drei Minuten waren gespielt, da hatten sich beide Innenverteidiger mit einer riskanten Grätsche schon das Trikot versaut. 

Da der Platz im Preußenstadion auch schon bessere Tage gesehen hat und mit Wegkamp nun ein echter Zielspieler auf dem Platz steht, streuten die Preußen im Aufbau auch mal lange Flugbälle ein. Die Gäste waren auf der anderen Seite dazu gezwungen, weil die Hildmann-Elf sie in der ersten halben Stunde mit gutem Offensivpressing stresste. Beide Mannschaften gingen rustikal, aber nicht überhart zu Werke. Weil Schiedsrichter Marco Goldmann die Leine lang ließ, litt der Spielfluss aber nicht.

Schon im ersten Durchgang jubelte Wegkamp - der vermeintliche Treffer wurde allerdings aufgrund eins Handspiels richtigerweise aberkannt.

Schon nach 13 Minuten jubelte dann Wegkamp über seinen vermeintlichen Debüt-Treffer, doch der Referee hatte gesehen, dass er nach Freistoß-Flanke Daubes und Kopfball-Ablage von Marcel Hoffmeier die Hand zur Hilfe genommen hatte. Eine weitere Großchance vertändelte kurz vor der Pause Joel Grodowski, nachdem Wegkamp ihn mit der Hacke in Szene gesetzt hatte. Wäre sein Zuspiel zurück zum Neu-Kollegen angekommen, hätte dieser frei vor dem Kasten gestanden (40.).

Zu diesem Zeitpunkt musste Hildmann bereits den akut Gelb-Rot-gefährdeten Hoffmeier vom Platz nehmen. Er brachte Roshon van Eijma. "Ich dachte schon, er fliegt. Wenn er noch einen Schnecker gemacht hätte, wäre er runter gewesen", erklärte der SCP-Coach später. Van Eijma zeigte neben Scherder eine grundsolide Leistung und hätte nach Wiederbeginn beinahe per Kopf die Führung erzielt, doch die Gäste kratzten den Ball von der Linie (50.). Der Abwehrmann aus Curacao dürfte auch am nächsten Samstag in Bergisch Gladbach die erste Alternative für den nun gelbgesperrten Hoffmeier sein. "Rosh hat das sehr gut gemacht. Er ist ein echter Verteidiger, ein ganz robuster Zweikämpfer", lobte Preußens Übungsleiter.

Vierte Gelbe Karte der Saison gegen Hildmann

Dass er auch anders kann, zeigte Hildmann dann nach kurz nach dem Führungstor. Joel Grodowski war in der Box am Bein von Tobias Reithmeir hängen geblieben und abgehoben. Ein Kontakt war da, Goldmann gab den Elfmeter nicht - wohl auch, weil Grodowski ziemlich viel aus der Nummer machte und zuvor schon mehrfach den "sterbenden Schwan" gegeben hatte. Weil er sich jedoch extrem über diese Szene aufregte, sah Münsters Trainer die Gelbe Karte - seine bereits vierte in der laufenden Spielzeit. Und das, obwohl er eigentlich gar kein Heißsporn ist. "Der Schiedsrichter hat gut gepfiffen, trotzdem war es für mich ein Elfer", kommentierte er später. "Wir haben ausgemacht, wir schauen uns das nochmal an und gucken, wer Recht hat." Eine Strafe droht dem Coach bei der fünften Gelben in der Regionalliga nicht.

Rödinghausens Trainer, der Münsteraner Nils Drube, ging anschließend ins Risiko, brachte Rick ten Voorde und Seungwin Lee. Vor allem Letzterer sorgte für Belebung, er bereitete Schulze-Niehues mit einem Distanzschuss Probleme (74.) und war auch kurz zuvor in der Nähe, als Scherder eine Hereingabe von Patrick Kurzen in höchster Not aus der Gefahrenzone bugsierte (71.). Wenig später schnürte dann Remberg eine Schleife um den ersten Dreier im neuen Jahr. 

SC Preußen Münster - SV Rödinghausen     2:0 (0:0)
Tore: 
1:0 Wegkamp (52.), 2:0 Remberg (76.)
SCP: Schulze Niehues – Schauerte, Scherder, Hoffmeier (40. van Eijma), Heidemann – Erdogan – Daube (73. Klann), Remberg – Grodowski (90. Atilgan), Wegkamp, Zahn (70. Zahn)
Rödinghausen: Sebald – Arkenberg, Flottmann, Reithmeir, Langer - Schuster, - Schuster – Kurzen, Derflinger (63. Lee), Kunze (78. Mause), Ibrahim (63. Ten Voorde) - Simakala

Roshon van Eijma (r.) und Joel Grodowski (l.) herzen Nicolai Remberg.

Stimmen zum Spiel: 

SCP-Trainer Sascha Hildmann: "Wie Gerrit das Tor macht, das ist halt Qualität. Wir haben sehr mutig nach vorne gespielt, viel Leidenschaft gezeigt und Laufarbeit betrieben. Hat Preußen Münster schon mal gegen Rödinghausen gewonnen? Nein? Dann haben wir heute auch noch einen Bann gebrochen."

Dennis Daube: "Es war schwer, auf dem Platz Fußball zu spielen, aber wir haben's trotzdem gut gemacht. Es ging viel auf zweite Bälle. Wir haben eigentlich fast gar nichts zugelassen, nur am Ende wurde es ein bisschen brenzlig. Ich habe es versucht, so lange es ging. Am Ende hat die Wade ein bisschen zugemacht. Wir wollten aber kein Risiko eingehen. Ich merke schon, dass mir das Gefühl für die Räume noch fehlt, aber das kommt jetzt von Spiel zu Spiel."

Gerrit Wegkamp: "Letztlich ist egal, wer die Tore schießt, Hauptsache wir gewinnen. Wir haben hinten die Null gehalten, deswegen brauchen wir nicht nur über die Offensive sprechen. Wir hatten den Gegner 75 Minuten gut im Griff, über die letzten 15 müssen wir nochmal reden. Wir hatten den Sieg eigentlich schon sicher und dürfen uns dann nicht so hinten reindrücken lassen. Das war auch von mir ein Fehler, dass ich mich so tief fallen lasse und versuche zu helfen. Ich muss der Mannschaft da mehr Vertrauen, sonst fehlt uns vorne der tiefe Anspieler. Wir brauchen aber nicht das Haar in der Suppe zu suchen. Das war ein sehr, sehr guter Auftakt."

Julian Schauerte hat die kurze Pause offenbar gut getan. Der Rechtsverteidiger wirkte wieder deutlich agiler als noch vor Weihnachten.