Trainer Günter Bruns
Spieler Michael Johanndeiter (l.)

Der FC Greffen ist wieder wer


Von Steffen Uphues

(19.05.11) Im Juni 2006 schrieb die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihr „Sommermärchen“ und versetzte ein ganzes Land in Euphorie. Nur ein kleines Dorf namens Greffen, mit 3.200 Einwohnern der kleinste von drei Ortsteilen der „Metropole“ Harsewinkel, hatte genug vom runden Leder. Am 5. Juni des besagten Jahres, also kurz bevor Deutschland die WM mit einem furiosen 4:2-Erfolg gegen Costa Rica eröffnete, erlebte der FC Greffen nämlich einen der wohl schwärzesten Tage seiner Vereinsgeschichte. Aber um das alles zu verstehen, muss man zunächst einmal ein paar Hintergründe kennen.

Der Niedergang

Was sich viele nicht vorstellen können und manche auch trotz klarer Beweislage noch immer nicht wahrhaben wollen, ist die Tatsache, dass der FC Greffen bis Anfang dieses Jahrtausends stets zwischen der Bezirksliga und der Kreisliga A pendelte. Das neue Jahrtausend brachte dann aber schwarze Jahre ins beschauliche Greffen. Einen ersten Abstieg aus der Kreisliga A in der Saison 2001/02 konnte man schnell wieder korrigieren, denn nach dem direkten Wiederaufstieg hakte man das Ganze als einjähriges Intermezzo ab. Doch in den kommenden Jahren liefen die sportlichen Dinge beim FCG ein wenig aus dem Ruder. In den Spielzeiten 2003/04 und 2004/05 rettete man sich jeweils knapp vor dem erneuten Abstieg. Ein Jahr darauf, im heißen „Jahrhundertsommer“, war es dann aber wieder um Greffen geschehen.

Vor dem letzten Spieltag lag der FC mit 24 Punkten einen Zähler hinter dem BSV Ostbevern und war somit im direkten Duell zum Sieg gezwungen. Fußball-Obmann Peter Krieft erinnert sich - wenn auch ungern - an diesen besagten 5. Juni: „Das war ja ein echtes Abstiegsendspiel. Wir waren nah am Sieg dran, aber letztendlich mussten wir uns mit einem 2:2 begnügen. Die Nervosität war allgegenwärtig und hat die Spieler sicherlich gehemmt.“ Auf der Suche nach Gründen für den erneuten Gang in die Kreisliga B nimmt Krieft kein Blatt vor den Mund: „Am Ende wäre der Klassenerhalt wohl auch nicht verdient gewesen. Bei vielen hatte ich den Eindruck, dass sie sich nicht ernsthaft mit der Situation auseinandergesetzt haben. Die haben gar nicht verstanden, was der Abstieg für den Verein bedeutet. Das war eine Riesenenttäuschung!“

Der Glücksfall

Anders als beim ersten Mal, folgte diesmal nicht der Wiederaufstieg, sondern blanke Tristesse. Im ersten Jahr musste sich der FC Greffen mit dem zehnten Tabellenplatz begnügen, die Fußballabteilung verlor im Schatten der Handballabteilung immer mehr an Aufmerksamkeit und drohte zu verkümmern. Was dann geschah, ist laut Krieft „ein großer Glücksfall“ für den Verein gewesen. Günter Bruns, Greffener Fussballer des Jahres 1995, wurde als Trainer verpflichtet. Doch früh kristallisierte sich heraus, dass Bruns viel mehr für den FCG war, als nur der Mann an der Seitenlinie, denn neben seiner Kompetenz als Coach bringt er sich der Fabrikant von Gerätehalterungen bis heute auch im Sponsoring mit ein. Darüber hinaus „lebt er“ den FC Greffen und ist ein wichtiger Bestandteil „der Familie“.

Nun war es nicht so, dass Bruns in seinen ersten Jahren Wunderdinge vollbrachte. Ein siebter und ein elfter Platz ließen jegliche Zauberkräfte vermissen. Was man jedoch erkennen konnte, war ein Konzept, eine Vorstellung davon, wie man sich als FC Greffen präsentieren wollte. So entschlossen sich Bruns und Krieft dazu, wieder mehr auf Eigengewächse zu setzen und keine auswärtigen Spieler zu holen. Belohnt wurde dieses Vorhaben dann in der Saison 2009/10, als ein hervorragender 3. Platz erreicht wurde. „Viele von uns machten in dem Jahr erste wichtige Erfahrungen im Seniorenfußball, von denen sie jetzt profitierten“, weist Stürmer Thomas Bergholz auf die Bedeutung dieser Spielzeit hin. Gepaart mit dem Leistungsvermögen, das zweifellos schon letzte Saison da war und in diesem Jahr unter der Leitung von Bruns noch weiter gesteigert werden konnte, startete der FC 2010/11 als einer der Aufstiegskandidaten in die Kreisliga B3.

Die Rückkehr

Schon in den ersten Begegnungen ließen die Greffener Jungs keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit aufkommen, die Liga zu verlassen. Am ersten Spieltag gab es einen furiosen 5:4-Heimsieg gegen den Mitkonkurrenten aus Gremmendorf. Darauf folgten drei weitere Siege, bis zur unglücklichen 2:3-Niederlage gegen RW Alverskirchen. Die große Stärke des FCG war es in dieser Saison jedoch, auf solche Rückschläge immer wieder die passende Antwort zu finden. So marschierten die Bruns-Männer weiter unbeirrt in Richtung Aufstieg und zeigten in den Spitzenspielen, wo der Hammer hängt. Gegen Telgte II, Gremmendorf und Rinkerode gab es 15 von 18 möglichen Punkten, einzig die 0:1-Heimniederlage gegen die SGT trübt diese Bilanz ein wenig.

Am Ende setzte dann aber die Qualität des FC Greffen durch und so konnten die Jungs schon zwei Spieltage vor Schluss die Meisterschaft feiern. Nachdem sie ihren Teil der Vorrausetzung mit einem 6:0 in Freckenhorst souverän erfüllt hatten, erfuhren sie von unserem Heimspiel-Reporter vor Ort, dass Telgte in Beelen nur ein 2:2 gelang und somit keine Chance mehr hat, den FCG noch einzuholen.

Die Meisterfeier

Und gerade weil dieser Ausrutscher so plötzlich kam, waren die Emotionen der Beteiligten so herrlich ehrlich. Während einige, sichtlich irritiert, ein wenig länger brauchten, um das Geschehene zu realisieren, sprangen andere, wie Stürmer Leo Meyer-Wilmes, „einfach irgendwelchen Leuten“ in die Arme. Nach der Rückfahrt nach Greffen brachte dann ein jeder kurz sein Auto in Sicherheit und kam wieder, um den Aufstieg gebührend zu feiern. „Bis elf Uhr saßen wir zusammen, haben gegrillt, getrunken und vor allem viel gelacht“, merkt man Krieft an, wie sehr er diesen Tag genossen hatte. Und dass Bruns von Marcel Krieft, dem Spaßvogel der Mannschaft, mehr als einmal mit Bier übergossen wurde, dürfte er diesem an solch einem geschichtsträchtigen Tag nachsehen. Denn endlich können sie in Greffen sagen: Wir sind wieder wer!