Kreisliga A

"Ich habe viele Jungs dabei, die ich schon sehr lange betreue. Für die ist es sicherlich schön, auch mal eine andere Stimme in der Kabine zu hören - nach viereinhalb Jahren ist alles etwas verbraucht und man kann sich ja auch nicht ständig neu erfinden", erklärt Jan Wissing seinen Rückzug zum Saisonende. Foto: Renger

Durchaus ein Hammer: Ahmann folgt im Sommer auf Wissing


Von Fabian Renger

(15.11.22) Quizfrage: Wenn Brukteria Dreierwalde einen neuen Trainer vorstellt und ihr rätseln dürftet, an welcher Stelle wäre Hubi Ahmann gekommen? Manch einer wird jetzt wahrscheinlich tatsächlich dezent große Augen machen. Aber es ist tatsächlich so: Dreierwaldes aktueller Cheftrainer Jan Wissing hört im kommenden Sommer aus eigenem Antrieb nach dann viereinhalb Jahren im Amt auf. Und auf ihn folgt am Weikamp tatsächlich Hubi Ahmann. Ein dickes Ding. Zumindest auf dem ersten Blick. Bei näherer Betrachtungsweise ist es aber gar nicht mal so überraschend oder sensationell.

Wissing reichen die fast fünf Jahre: Gehen, wenn noch alles stimmt

Doch die ersten Worte in diesem Text gehören dem alten Trainer. Jan Wissing hat im Sommer genug. Er hat zwei Corona-Jahre überstanden, die Mannschaft stets auf einstellige Tabellenplätze geführt. Das war nur die rein tabellarische, nur die rein oberflächliche Betrachtug. Wissing holte ehemalige Dreierwalder wie beispielsweise Paul Albersmann und Matz Hermeling aus Spelles A-Jugend zurück nach Hause. Er verpflichtete aber auch Führungsspieler wie Patrick Hinz oder Niklas Grotke, machte ihnen das 'Dorf' schmackhaft. Da steht eine sinnvoll zusammengesetzte und keine wild zusammengewürfelte Truppe auf dem Platz.

"Ich habe viele Jungs dabei, die ich schon sehr lange betreue. Für die ist es sicherlich schön, auch mal eine andere Stimme in der Kabine zu hören - nach viereinhalb Jahren ist alles etwas verbraucht und man kann sich ja auch nicht ständig neu erfinden", erklärt Wissing. Bereits im Sommer war er sich darüber im Klaren, nach der Saison einen Cut zu ziehen und informierte den Club. Nicht, weil er die Mannschaft nicht mehr sehen kann. Nein, nein. Er wollte einfach gehen, bevor es eben zu spät ist. "Ich komme mit den Jungs mehr als gut klar und möchte nicht, dass irgendwann alles in einer schlechten Saison mündet und endet."

Abziehen, wenn's gerade fluppt. Brukterias Sportlicher Leiter Marc Vehr kann das verstehen. "Die Zusammenarbeit hat total viel Spaß gemacht, wir haben sehr gut und sehr offen zusammengearbeitet. Wir konnten auf und auch neben dem Platz viel verändern", so der Funktionär. "Jan ist als Externer gekommen und geht als Freund." Klingt vielleicht etwas pathetisch. Aber eigentlich kannst du sowas wohl nicht besser beschreiben.

Neuer Trainer in Dreierwalde ab Sommer: Hubi Ahmann. "Ein super Typ", freut man sich im Verein.

Ahmann: "Es ist gar nicht so abstrus"

Doch wie um alles in der Welt zauberte Vehr plötzlich den Namen 'Ahmann' aus dem Hut? Relativ schnell nach Wissings Ankündigung ploppte der Name vor Vehrs innerem Auge auf. Er nahm Kontakt auf. Noch aus aktiven Zeiten wusste er: "Hubi ist ein super Typ, der ein hohes Ansehen genießt und sich in der Umgebung  extrem gut auskennt. Er hat auch eine ganz klare Vorstellung als Trainer, weiß ganz genau, was ihm wichtig ist. Und er weiß, wie das auf dem Dorf ist, dass die Uhren hier vielleicht etwas anders laufen." Anders ausgedrückt: Vehr hatte direkt den Eindruck, man schwebe auf der selben Wellenlänge. Zudem muss man sich auch vor Augen führen, wie lange Ahmann zuletzt gearbeitet hat: Bei Arminia Ibbenbüren waren es dreieinhalb Jahre (u.a. in der Bezirksliga), in Brochterbeck gar fünf. Er ist kein Mann für eine Saison, kein One-Season-Stand.

"Wenn man weiß, was mir wichtig ist, ist es gar nicht so abstrus", erklärt Ahmann am Dienstagabend dem durchaus verblüfften Heimspiel-Redakteur. "Ich hab seinerzeit gesagt: Ich weiß gar nicht, ob ich wieder anfange und wenn, dann muss es einfach passen. Dreierwalde ist echt gut aufgestellt." Bald seien es drei Rasenplätze mit Flutlicht. Mit Thorsten Schräder (Co-Trainer) und Daniel Plagemann (Torwarttrainer) übernimmt er einen funktionierenden Staff.  "Es ist ein vorhandener Kader mit einer gesunden Altersstruktur", betont Ahmann. "Da hat Marc sehr gute Arbeit gemacht. Es ist eine Truppe, die Fußball spielen kann. Ich habe in all den Jahren nie etwas Negatives mit Dreierwalde erlebt. Es ist keine Mannschaft, die viel meckert oder sowas."

"In Dreierwalde war alles geregelt"

Was ihm aber mindestens genauso wichtig war: Die Strukturen. Er erinnert sich nur zu gerne an seine Jahre in Brochterbeck zurück. Da lernte er den "Dorffußball" absolut zu schätzen. "Es war für mich klar, dass ich - wenn ich nochmal anfange - einen eher 'kleineren' Verein aus einem kleineren Ort nehmen würde. Weil da vieles sehr geregelt ist. Und gerade in Dreierwalde ist alles sehr geregelt gewesen. Jan Wissing war fünf Jahre da, er hat sehr gute Arbeit gemacht. Es gab in der Zeit kein Heckmeck." Alleine die Zuschauerzahlen in Dreierwalde seien ein absolutes Pro-Argument. "Da steht fast jeder zehnte oder fünfzehnte Einwohner am Platz", freut sich Ahmann auf die besondere, längst nicht mehr alltägliche Atmosphäre.

Das Umfeld, das Team hinterm Team um Vehr und Co - er hatte direkt das Gefühl, es könnte passen. "Meine Frau hat nix dagegen", gab's für den baldigen Trainer ein weitere Hürde weniger. Die Kinder sind bald auch beide raus aus der Schule. "Ich hab keine Ampel zum Training, muss nur auf die Autobahn und wieder runter." Er wohnt in Ibbenbüren-Schierloh - er würde allerdings nicht in Dreierwalde bauen wie Wissing. Dazu sei er zu sehr in Ibbenbüren verwurzelt, wie er lachend erklärt.

Seis drum. Und was macht der Kollege Wissing dann im nächsten Jahr? "In diesem Jahr kann ich mir ja alles anhören. Und dann schauen wir mal", ist der scheidende Übungsleiter für alles offen. Nichts muss, alles kann. Charmant wäre aber die folgende, wohl eher nicht so ganz ernst gemeinte Lösung: "Es kann aber auch dabei herauskommen, dass ich bei den Jungs den Betreuer mache. Das habe ich denen auch schon gesagt: Wenn ich nix mache, putze ich deren Schuhe."