"Die Vorfreude ist groß"

Von Fabian Renger

(09.05.21) "Das ist ein Privileg für uns, das sollten wir mit Vorsicht genießen." Rabah Abed, gemeinsam mit Thomas Morzonek Cheftrainer der Landesliga-Kicker des VfL Senden, weiß die Situation sehr gut einzuschätzen. Auch der Landesligist darf nämlich wieder raus - wie alle anderen Mannschaften des Clubs. "Von der U6 bis zur Ü50", erklärt Christian Arends, 1. Jugend-Vorsitzender und Sportlicher Leiter des Clubs. Der VfL ist damit der erste Club im gesamten Bundesland, der auch die Senioren wieder trainieren lassen darf. Mehr Privileg geht gar nicht!

Möglich macht das der Kreis Coesfeld, dem die Gemeinde Senden angehört. Die Inzidenz im Kreis liegt am Sonntag laut RKI bei 65,3, in Senden gelten zu dem Zeitpunkt 38 Einwohner als akut infiziert. Der Kreis hatte sich seinerzeit als Modellkommune beim Land beworben und war als einziger Bewerber dauerhaft unter der magischen 100er-Inzidenz-Grenze geblieben. Auf Kleinstprojekte besann sich der Kreis nun bei seinen Öffnungen im Rahmes des Modellprojektes. Beim Fußball profitierten der VfL Billerbeck, der seit dem vergangenen Montag seine Jugendmannschaften wieder in Gänze raus schickt - und eben ab Montag, 10. Mai, auch der VfL Senden. Dort, wie gesagt, dürfen wieder alle an die Murmel.

Natürlich gibt es Vorgaben. Bisher durften beim VfL alle Jugendlichen bis einschl. 14 Jahren in 20er-Gruppen plus zwei Trainer auch ohne Testnachweis auf die Plätze. Bis hoch zur C-Jugend - dort gab es nur wenige Ausnahmefälle, die älter als 14 waren - waren die Jugendteams also bereits regelmäßig am kicken. Nun gibt's kleine Abweichungen.

Um 18 Uhr starten die Modellversuch-Teams

"Um 18 Uhr wird die Anlage für den Modellversuch geschlossen", erläutert Arends. "Das betrifft hauptsächlich Mannschaften ab der D-Jugend, die sich vorm Training testen lassen müssen." Heißt: E-Jugendliche und jüngere trainieren früh und brauchen weiterhin keinen tagesaktuellen Negativtest. Wenn z.B. eine D-Jugend bereits vor 18 Uhr Trainingsstart hat, benötigen deren Aktive auch keine. Aber jegliche Flemmer - alle ab 15 Jahren sowieso -, die ab 18 Uhr und später auf die Anlage gehen, müssen einen Negativtest vorweisen. Alternativ müssen sie vollständig geimpft sein oder als genesen gelten. Die Gruppengröße darf bei allen Mannschaften nur 20 Teilnehmer zzgl. zwei Coaches betragen. Vorteile könnten Tests aber auch für die jüngeren haben, bemerkt Arends: "Sie können sich ja so schon für die Schule am nächsten Tag testen lassen." Noch besser: Direkt am VfL-Sportplatz betreibt Arends mit einer Ärztin ein Testzentrum. Der Vorteil der kurzen Wege.

Die Jugendmannschaften trainieren zweimal pro Woche, die Seniorenmannschaften erhalten zunächst eine Trainingszeit. Die Sendener B-Juniorinnen (18.30 Uhr), die Ü 32-Fußballer und die zweite Damenmannschaft (jeweils 19.30 Uhr) sind am Montag die ersten Profiteure der Öffnungen. Zunächst ist das Projekt auf drei Wochen angelegt, abgesehen von den sanitären Einrichtungen, die normal offen sind, sind die Umkleiden maximal zum Frischmachen geöffnet. Das Bierchen danach ist tabu, die Spieler müssen umgezogen zum Platz erscheinen, es gilt bis zum Trainingsplatz Maskenpflicht. Ob der Versuch länger dauern könnte? "Die Tendenz geht in die richtige Richtung", verweist Arends auf die Inzidenz-Entwicklung. Abgelehnt habe übrigens keine Mannschaft - ganz im Gegenteil. "Die freuen sich alle und wollen wieder alle auf den Platz."

1. Herren: Der Ball kommt in die Mitte

Abed natürlich auch. "Ich habe mich als Spieler auch immer wie Bolle gefreut, als ich nach einer Pause wieder durfte", berichtet er. Am Dienstagabend um 19.30 Uhr bekommen die Landesliga-Fußballer den ersten Ball an die Füße. Geht's direkt in die Vollen und eine Runde Taktik bis zum Erbrechen? Abed lacht und betont das wenig Überraschende: "Auf gar keinen Fall! Die Vorfreude ist einfach so groß, dass Thomas und ich gesagt haben: Aufwärmen in zwei Gruppen und dann ein großes Spiel. Damit die Jungs wieder einen Ball am Fuß haben, das ist ja lange her. Alles andere wäre meiner Meinung nach unproduktiv."

Vor allem gehe es dem Trainerteam um die Wiederherstellung des Mannschaftsgefühls, das funktioniere nur durch Reibung in einem Spielchen. "Eine Stunde schwitzen und spielen", findet Abed. "Wir sind froh, dass wir als zweite Gemeinde und zweiter Verein dies durchführen dürfen. Wir werden uns definitiv genau an alle Vorgaben halten!" Der richtige Vorbereitungsstart ist für Ende Juni angepeilt, großartige Pläne für die vorherige Zukunft macht er daher nicht. Erstmal die drei Dienstage durchziehen und ein bisschen pöhlen. Und danach mal weiter schauen. "Ich find's natürlich schade für andere Kreise oder Städte wie zum Beispiel in Münster, wo die Zahlen auch niedrig sind. So hat es einen guten aber auch für andere bitteren Geschmack." 

In Münster lag die Inzidenz am Sonntag bei 56,1, auch die Stadt hatte sich einst als Modellkommune beworben. Die Abstimmung über Öffnungen würde kurzfristig erfolgen, hieß es dazu in der vorigen Woche bei den WN. Und wenn wir eines dank der Pandemie gelernt haben, dann dass es manchmal ganz schnell gehen kann...