Querpass

"Fußball ist völlig unbedenklich"


Von Christian Lehmann

(15.04.21) Ob die Diskussion um Öffnungsschritte für den (Amateur-)Fußball in Zeiten exponentiellen Wachstums bei den Infektionszahlen und volllaufender Intensivstationen sinnvoll ist, sei mal dahingestellt. Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat eben diese jedoch am Donnerstag unter Berufung auf Dr. Gerhard Scheuch noch einmal befeuert. 

Der Biophysiker und Aerosolforscher hatte sich am Mittwoch auch in der Debatte um die mögliche bundesweite Ausgangssperre bei Markus Lanz (siehe eingebettetes Video unten ab Minute 16) geäußert. Am Freitag trägt der 65-Jährige, der zusammen mit einigen Kollegen bereits einen Öffnet externen Link in neuem Fensteroffenen Brief an die Kanzlerin geschrieben hat, sein Anliegen vor dem Bundes-Gesundheitsausschuss vor. Seine Kernthese: Die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, sei draußen verschwindend gering. 99 Prozent der Ansteckungen erfolgen demnach in geschlossenen Räumen. Der Wissenschaftler beruft sich unter anderem auf eine Studie aus Irland, bei der 232.000 Infektionsfälle untersucht wurden. Eine Ansteckung im Freien fand dabei nur bei 260 Personen statt.

Ansteckung durch Aerosole, nicht durch Kontakte

In einem Interview, das auf der Öffnet externen Link in neuem FensterInternetseite des DFB veröffentlicht wurde, folgert Scheuch deshalb: "Fußball ist völlig unbedenklich." Auf die Frage, ob Training kontaktlos oder in Kleingruppen sinnvoll sei, antwortet der Experte mit einem klaren Nein. "Spielformen, Zweikämpfe, also ein ganz normales Mannschaftstraining sind problemlos möglich. Kleingruppen und Training streng auf Abstand ergeben keinen Sinn. Für das grundsätzliche Verständnis ist wichtig: Ansteckungen entstehen durch Aerosole, nicht durch Kontakte. An der frischen Luft verflüchtigen sich Aerosole sehr schnell, die nötige Konzentration für eine Ansteckung wird dadurch nicht erreicht. Darüber hinaus sind die Kontaktzeiten im Fußball ohnehin sehr kurz. Darum: Lasst die Leute, speziell die Kids, wieder kicken. Es ist ja Wahnsinn, was wir aktuell machen", so Scheuch.

Eine Differenzierung des Trainings nach bestimmten Altersgruppen sieht der ehemalige Präsident der "International Society for Aerosols in Medicine" als ebenso wenig sinnvoll an wie die Desinfektion von Bällen und Trainingsmaterialien. Letzteres sei "gut gemeint, aber letztlich Unsinn. Da hätte man genauso gut einen Zauberspruch aufsagen können, das hätte die gleiche Wirkung." Die britische Virusmutante B 1.1.7 sei aus seiner Sicht an der frischen Luft genauso wenig ansteckend wie andere Varianten. Viel wichtiger bei der Betrachtung von möglichen Gefahren im Amateursport seien derweil die Anfahrt im Auto sowie der Aufenthalt in geschlossenen Räumen.