Marcel Spanier mutierte zum Sieggaranten für Stella Bevergern

...und dann war das Ventil halt offen


Von Fabian Renger

(15.02.20) Ein 7:4 ist im Kreisliga-Fußball an und für sich genommen sicher nichts Ungewöhnliches. Auch einen Fünferpack gibt es ab und zu durchaus mal. In Münster gelang vor das wenigen Monaten beispielsweise mal Daniel Lorecchio. ABER: Dass eine Mannschaft 2:4 hinten liegt, das Spiel in ein 7:4 umdreht und alle fünf letzten Tore auf das Konto eines Mannes gehen, das ist dann absolut crazy. Eine richtig verrückte Nummer war das in Lotte am Donnerstagabend. Stella Bevergern sackte so die drei Zähler gegen SF Lottes Dritte ein.

Marcel Spanier war der Mann des Spiels. Ein Fünferpack, zudem zwei Torvorlagen. Mehr geht nicht. Am Freitagabend gegen 17.30 Uhr erreichen wir ihn am Telefon. Er hat bis 18 Uhr Zeit. Dann geht es zum Auslaufen an den Sportplatz mit seinem Coach Timo Reinert, berichtet er. "Ich glaube, der ist mehr Kilometer gelaufen als wir gestern", flachst Spanier. Für den ist es ein teures Wochenende: Zwar steht im Mannschaftskreis nirgends etwas bezüglich Fünferpacks niedergeschrieben, aber wegen der Fotos bei uns wird er wohl zur Kasse gebeten. "Das Geld hole ich mir von euch dann wieder." Ähm...nö? :P

Bei Stella läuft's, die Truppe gewann die vergangenen acht Spiele allesamt. Spanier steht nun bei zwölf Saisontoren. Wir sprachen mit ihm über den donnerstäglichen Wahnsinn.

Heimspiel: Marcel, was war das denn für ein Spiel? Ich kann das immer noch nicht begreifen. Fünf Tore in einem Spiel schießt du wahrscheinlich aber auch nicht oft...
Spanier: Im Seniorenbereich noch nie, nein. In der Jugend habe ich mal neun Tore in einem Spiel gegen Schale geschossen. In der F-Jugend. Neun oder zehn Jahre ist das her.

Für welchen Verein?
Spanier: Auch mit Bevergern. Da haben wir 19:0 gewonnen.

Na gut, auch nicht so schlecht. Aber bleiben wir beim Donnerstag: Wie ist das, wenn man da auf dem Platz steht?
Spanier: Man hat gemerkt, dass wir schon alle sehr heiß bei der Sache waren, aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass wir ziemlich angespannt waren. Gegen den Tabellenletzten hast du was zu verlieren. Dann kommt noch dazu, dass wir immer ein Ritual haben und vor dem Spiel Musik hören. Aber wir haben die Box im Vereinsheim vergessen.

Ohje.
Spanier: Ich habe vorher mit Gerrit (Budke-Gieseking von den SF Lotte, d. Red.) gesprochen. Der hat mir mittags geschrieben, dass der Platz komplett unter Wasser stand. Die haben sich echt Mühe gegeben und den Platz abgezogen - aber der Kunstrasen war halt wirklich noch eine Katastrophe. Das war relativ schwer, zu spielen. Für die Koordination war das extrem schwer, es war einfach extrem rutschig, der Ball ist nicht am Fuß kleben geblieben und du hattest null Grip.

Dazu noch das Wetter...
Spanier: Das war wirklich ein ekliger Wind. Der kam quer von der Seite.

Ja, traumhaft. Dann startet ihr noch so schlecht ins Spiel.
Spanier: Die Nervösität hat man gemerkt bei uns. Wir wollten, aber irgendwie kam nichts bei rum und sind dann in Rückstand geraten. Aber sind durch ein Traumtor von meinem Kumpel Kevin (Schlautmann, d. Red.) zum Ausgleich gekommen. Ich hab das mit einem Freistoß eingeleitet, der Ball war relativ lange in der Luft und ich habe eigentlich mit einem Anschiss von unserem Trainer gerechnet, weil das ein Mondball war...

So schlimm?
Spanier: Der war schon extrem lang in der Luft und ging weit in den Strafraum rein, Kevin hat den saftig getroffen und der ging direkt in den Giebel. Der Torwart hatte gar keine Schnitte.

Jetzt wart ihr wieder drin im Spiel.
Spanier:  Genau. Dann steht's 1:1. Ein paar Minuten später habe ich mit Kevin einen Doppelpass gespielt und er hat den nächsten Knicker reingedonnert. Da dachte ich: Jetzt haben wir die Sicherheit und das müsste eigentlich ein Selbstläufer werden. Dann war Halbzeit und man hat die Anspannung gemerkt. Wir hatten ja was zu verlieren. Nach der Halbzeit kam Lotte top raus, die dürften eigentlich nicht auf dem letzten Platz stehen. Das sind gute Kicker.

Die direkt nach der Pause drei Hütten machen...
Spanier: Ja, da ist mir das Ventil geplatzt und ich hab meine Mannschaft zusammengefaltet. Im Nachhinein hab ich's echt bereut. Das war schon sehr, sehr lautstark. Plötzlich konnte ich die ganze Energie rauslassen und fünf Tore machen. Ich weiß nicht, woher die plötzlich gekommen sind. Aber die Tore waren super eingeleitet von den Jungs. Mike Holthaus hat drei oder vier Vorlagen gemacht. Kevin Schlautmann auch eine. Die Jungs haben einen super Einsatz an den Tag gelegt nach dem 4:2. Unterm Strich haben wir hochverdient gewonnen.

Aber ein Traumtor war da nicht so wirklich bei, oder?
Spanier: Einen habe ich über den Torwart drüber her gelupft, aber der Rest waren 0815-Tore.

Bekommt man da viele Nachrichten am Tag drauf?
Spanier: Mein Vater (Ralf, Germania Hauenhorsts Damen-Trainer, d. Red.) hat mir direkt einen Spruch auf meiner facebook-Seite reingedrückt. Er meinte, dass ich erst zur 60. Minute zum Spiel gekommen bin - so als Gag. (lacht) Und auf der Arbeit hat mich mein Vorgesetzter angerufen und gefragt, ob ich fünfmal angeschossen wurde. Da musste ich ihn leider enttäuschen, dass ich das aus eigener Kraft geschafft habe. Unterm Strich war's aber echt gut, auch fürs Selbstvertrauen unserer Mannschaft.