"Damit hat Ousman nicht gerechnet"

Von Malte Greshake

(21.07.23) Rund fünf Tage ist es nun her, dass der FC Ottenstein bei Instagram ein Video hochlud. Im kurzen Clip geht es um Ousman John, der bei Ottenstein in der zweiten Mannschaft spielt. Mittlerweile hat das Video über 80.000 Likes. Radio- und Fernsehsender stehen bei der Geschichte Schlange. Sogar der deutsche Nationalspieler Robin Gosens kommentierte den Beitrag bei Instagram. Und warum das Ganze? Seit Ende Juni sitzt John in Abschiebehaft und soll in sein Heimatland Gambia zurückgeführt werden. Der 22-Jährige selbst wehrte sich allerdings gegen seine Zwangsausweisung. Und nicht nur seine Teamkollegen versuchen ihn dabei zu unterstützen.

Carsten Berthues, bis vor einem Jahr noch Co-Trainer bei der Ersten des FCO, hat sich der Sache angenommen. Zusammen mit seiner Mitstreiterin Gudrun Mies-Walfort reichte er beim Land Nordrhein-Westfalen ein Härtefallantrag ein und teilte die Geschichte über verschiedene mediale Kanäle, um die Abschiebung zu verhindern. "Es ist schon schön zu sehen, was man über die sozialen Medien alles erreichen kann", sagt Berthues, der John vor zwei Jahren über einen Bekannten kennenlernte und ihn zum FC Ottenstein holte.

"Alles getan, was in unserer Macht steht"

"Ousman selbst ist total gerührt", berichtet Berthues. "Er hat sein Telefon dabei, aber ich habe ihm auch Zeitungsartikel und Radioauschnitte zukommen lassen. Damit, dass die Anteilnahme so groß ist, hat Ousman nicht gerechnet. Jetzt hat er einfach nur noch Hoffnung. Ich habe ihm gesagt, dass wir alles getan haben, was in unserer Macht steht. Es sind alle Unterlagen eingereicht und wir warten jetzt quasi einfach nur noch ab." Am kommenden Donnerstag (27. Juli) will die Härtefallkommission eine Entscheidung treffen. 

2017 war John aus dem westafrikanischen Gambia geflohen, wo er obdachlos gewesen war. Zwei Jahre später landete er in Deutschland. Seine Eltern sind bereits verstorben, Verwandte habe er in seinem Heimatland nicht mehr und seine Freunde leben mittlerweile auch in Deutschland. Als er 2019 nach Vreden kam, fand er schnell eine Arbeitsstelle. Im kommenden August sollte er zudem eine Ausbildung beginnen. Den Vertrag dafür habe er schon unterschrieben. Und nebenbei kickte John eben in Ottenstein. Bis er vor knapp vier Wochen in Abschiebehaft genommen wurde.

Auf Nachfrage der Münsterland Zeitung beim zuständigen Ausländermeldeamt sei John "rechtskräftig vollziehbar ausreisepflichtig", wie Kreispressesprecher Karlheinz Gördes den Kollegen mitteilte. Weil John Fristen zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen hat, wurde er von den Behörden Ende Juni zur Rückführung zum Flughafen gebracht. Dort leistet er laut Berthues gegen die Vollzugsbeamten Widerstand und wurde danach in Abschiebehaft genommen.

"Auf dem Fußballplatz ist Ousman ein richtiger Arbeiter"

Vor allem Geduld sei nun gefragt, sagt Berthues. Dass sich neben Nationalspieler Gosens auch noch viele weitere Prominente meldeten und ihre Hilfe anboten, findet der Ottensteiner immer noch verrückt. "Gosens war ja nicht der einzige", berichtet er. "Dabei waren noch Simon Terodde, Gerald Asamoah, Baboucarr Gaye, der Nationaltorhüter von Gambia, und noch viele andere." Und deswegen hofft Berthues auch, dass der Fall dadurch weiterhin Aufmerksam erregt und Reichweite bekommt.

"Auf dem Fußballplatz ist Ousman übrigens ein richtiger Arbeiter", meint Berthues. In der vergangenen Spielzeit erzielte der Stürmer vier Tore. "Da ist aber nicht viel mit irgendeiner Schönspielerei. Er kann richtig austeilen", so ein schmunzelnder Berthues. Und nicht nur wegen Johns erfolgreicher sportlicher Integration kann er die drohende Abschiebung nicht nachvollziehen. "Weil er einen Ausbildungsvertrag hat, hoffe ich, dass eine Ausnahme gemacht wird", sagt er - gibt aber zu: "Die Hoffnung ist bei mir gerade immer fünfzig-fünfzig. Mal bin ich euphorisch, mal bin ich mir nicht mehr sicher."

Fakt ist für ihn aber: "Ousman ist ein prima Kerl, der sich nichts zu schulden kommen lassen hat und sich komplett integriert. Er ist ein Teil der Ottensteiner Fußballfamilie." Und soll es auch bleiben.