Fünfkampf mit pikanter Note

Von Christian Lehmann

(20.04.20) Was ist die fairste Lösung für alle Beteiligten? Dieser Frage versucht der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) gerade mithilfe eines Meinungsbildes seiner Vereine auf den Grund zu gehen. Die Klub-Vertreter sollen in einer Online-Umfrage entscheiden, welche Konsequenzen die aktuellen Einschränkungen durch die Coronakrise auf den Spielbetrieb im Verbandsgebiet ihrer Meinung nach haben sollen. Dass es hier nicht nur schwarz und weiß gibt, liegt auf der Hand.

Auch in der Bezirksliga 12 gehen die Meinungen darüber, wie es weitergehen könnte, weit auseinander. Fünf Klubs waren noch aussichtsreich im Meisterschaftsrennen, als die Aussetzung des Spielbetriebs beschlossen wurde. Vorwärts Wettringen (40 Zähler) hat als aktuell Erster zwei Punkte Vorsprung auf Verfolger TuS Recke (38), punktgleich mit dem TuS ist auch Herbstmeister Borussia Münster (38). Dahinter folgt der SC Greven 09 (37), der allerdings ein Spiel weniger bestritten hat als das genannte Trio. Das gilt auch für den Fünften, die Ibbenbürener Spielvereinigung (35). 

Eine zusätzlich herbe Note bringt der Rückzug des 1. FC Gievenbeck am 19. November 2019 in diese Konstellation. Erst durch diesen wurde Borussia seinerzeit von Tabellenplatz vier auf Platz eins gehievt, weil das Team von Trainer Yannick Bauer als einziges Spitzenteam nicht gegen das damalige Schlusslicht gewonnen hatte. Sollte sich der Verband bei seiner finalen Entscheidung auf Möglichkeit zwei festlegen, bliebe die Frage, ob die Hinrunden-Tabelle nach dem letzten Hinrunden-Spieltag am 17. November (dann wäre Greven 09 Herbstmeister), oder aber nach dem FCG-Rückzug zwei Tage später maßgeblich ist. Was sagen die Verantwortlichen?

Patrick Wensing (Trainer Vorwärts Wettringen): Bei uns durften alle Trainer ihre Meinung zu dem Thema kundtun. Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, wie sich der Verein positioniert. Wir würden jede Entscheidung jedenfalls voll mittragen. Ich würde gerne weiterspielen, aber die Hoffnung darauf, dass das klappt, habe ich schon fast aufgegeben. Ich persönlich glaube, dass es zu Variante eins kommen wird. Ich weiß gar nicht, ob wir das so wollen, wenn man sich für Variante drei entscheidet. Am grünen Tisch aufzusteigen, das ist nie schön. Wir wollen das auch nicht auf Teufel komm' raus und um jeden Preis.

Marc Wiethölter (Trainer TuS Recke): Ich beneide die Damen und Herren da oben, die das entscheiden müssen, nicht. Im Seniorenbereich haben wir beim TuS Recke eher die Tendenz zur Fortsetzung der Saison, unsere Jugend wäre eher für eine Annullierung. Die Entscheidung liegt bei unserem Vorstand, der nicht nur sportliche Aspekte berücksichtigen muss. Ich selbst bin zwiegespalten. Mit einer Wildcard möchte ich schon mal keinen Aufstieg feiern. Wir werden so oder so eine riesen Sause feiern, aber es würde etwas fehlen. Ich würde die Saison gerne mit den Jungs sportlich beenden, bin aber gedanklich auch schon bei meinem neuen Verein, wo ich nicht ohne eine vernünftige Vorbereitung einsteigen möchte. Variante vier würde ich begrüßen, wenn sie zu Ende gedacht wäre. Das ist für mich derzeit alles nicht greifbar, es wäre schön, wenn es einen klaren Plan geben würde. Diejenigen, die entscheiden, werden schon das richtige tun. Von meiner Mannschaft und mir wird das alles akzeptiert.

Yannick Bauer (Trainer Borussia Münster): Für uns war es selbstverständlich, für Option zwei zu plädieren. Ob es die sportlich fairste Möglichkeit ist, weiß ich nicht. Die vierte Möglichkeit ist aus meiner Sicht die schlechteste. Das geht einfach nicht, es ist eine absurde Idee, im Herbst weiter zu spielen. Unsere Mannschaft wird sich schon im Sommer verändern. Wir hätten gerne weiter gespielt, aber nicht zu diesen Bedingungen. Das Beste im Sinne aller Teams wäre wahrscheinlich sogar die Komplett-Annullierung. Für uns wäre das witzig, wenn wir wirklich hochgehen. Wir nehmen das einfach so, wie es kommt. Wenn ich mich jetzt in irgendetwas verrenne, bin ich vielleicht enttäuscht, wenn's nicht so kommt. Ganz ehrlich: Der sportliche Erfolg ist im Moment für mich echt sekundär. Ich würde mir nur wünschen, dass man uns endlich den Fußball zurück gibt.

Frank Blom (Fußball-Abteilungsleiter SC Greven 09): Wir haben uns schon unsere Gedanken gemacht und haben morgen eine Video-Konferenz mit dem Abteilungsvorstand. Ich hoffe, dass wir das bis 23.59 Uhr eine vernünftige Lösung für uns gefunden haben. Letztlich entscheiden wir als Vereine ja nichts, sondern geben nur ein Stimmungsbild ab. Ich kann mir vorstellen, dass viele abbrechen wollen. Die Begehrlichkeiten sind völlig unterschiedlich, auch schon innerhalb eines Vereins. Uns ist aber klar, dass es schwer wird, die Saison zu Ende zu spielen. Das wäre die fairste Option, würde aber den kompletten Rahmenterminkalender völlig durcheinander bringen. Musi Sommer würde die Saison sicherlich gerne zu Ende bringen, aber es werden wohl nicht alle ihre Wünsche erfüllt bekommen. Wenn etwa die Saison nach der Halbserie gewertet werden soll, frage ich mich, wie das bei unserer A-Jugend funktionieren soll. Die spielen in der Leistungsliga und haben noch nicht mal die Hälfte der Spiele hinter sich. Ganz egal, was auch entschieden wird: Wir nehmen das hin.

Reinhard Börgel (Fußball-Abteilungsleiter Ibbenbürener SpVgg): Wir werden morgen unsere Stimme abgeben, ich habe bereits bei unseren Trainern und beim Fußballvorstand Meinungen erfragt. Ich habe zwar noch nicht alle Rückmeldungen, die Tendenz geht bei vielen aber zur Annullierung der Saison. Die Saison erst im September fortzuführen, würde die Folgesaison einfach zu stark beeinflussen. Und wir wissen ja nicht mal, ob das dann überhaupt machbar ist. Für die Mannschaften, die oben stehen, ist das sicherlich nicht so schön. Wir als Verein wären von allen Varianten nicht allzu stark betroffen. Wildcards zu vergeben oder irgendwelche Szenarien zu konstruieren, halte ich auch für nicht glücklich. Die Tabelle nach der Hinrunde wäre noch halbwegs gerecht. 

Christoph Klein-Reesink (Trainer SV Burgsteinfurt): Ich find's gut, dass der Verband nicht einfach ein Urteil fällt, ohne die Vereine ins Boot zu holen. Uns betrifft diese Entscheidung wenig, deshalb sind wir auch relativ entspannt. Ich wollte auch nicht, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Wenn man sportlich fair sein will und Teams aufsteigen dürfen, muss man eigentlich auch das Thema Abstieg werten. Aber ich habe auch leicht reden. Ich glaube jedenfalls, dass auf diese Weise niemand gerne aufsteigen will.