Halbzeit: Ehrary besser als Neuer und Co.

Von Alex Piccin

(30.10.14) Vor diesem jungen Mann und seiner Spezialität verblassen selbst Manuel Neuer, Iker Casillas oder Gianluigi Buffon. Was hat der 19-jährige Torhüter von Portu Rheine, Ali Ehrary, den ganz Großen seiner Zunft voraus? 

Eine Statistik, die zumindest im obersten Profibereich Ihresgleichen sucht: In dieser Saison ist er vom Elfmeterpunkt noch unbezwungen. Fünfmal bekam Portu einen Strafstoß gegen sich gepfiffen, fünfmal wehrte Ehrary den Schuss ab. Dabei relativiert der Student des Wirtschaftsingeneurwesens aber sofort: "Drei davon sind im Nachschuss reingegangen." Da sind auch seine Mitspieler beim Nachsetzen gefordert, denn sie müssten bemerkt haben, dass ihr Schnapper bei Elfmetern eine glänzende Figur macht.

Der Schalkefan nennt als sein Vorbild Juventus Turin-Keeper Gigi Buffon und durfte bei einem Jugend-Torwartcamp seiner Lieblingsmannschaft dem Ex-Knappen und jetzigen deutschen Nationaltorhüter Manuel Neuer über die Schulter schauen.

Ali, eine Frage, auf dessen Antwort die gesamte Fußballwelt brennt: Was ist dein Geheimnis?
Tja, da muss ich die Welt enttäuschen. Eigentlich gibt es keins. Ich habe vor dem Strafstoß immer mein festes Ritual. Dabei gehe ich ins Tor, trinke einen Schluck Wasser und stelle mich anschließend auf die Linie. Dabei blende ich im Kopf alles aus, bis der Schiedsrichter den Ball freigibt. In dem Augenblick entscheide ich mich für eine Seite. Ich achte gar nicht auf den Ball oder den Schützen. Das ist pure Intuition.

Woher kommt diese "Gabe"?
Das war eigentlich schon immer so, sei es in der Jugend beim FCE oder auch letztes Jahr bei Amisia Rheine. Bei Turnieren habe ich meistens drei von fünf Elfern gehalten.

Das heißt, es gibt dazu keine speziellen Trainingsinhalte?
Nein, überhaupt nicht. Vielleicht wollen sich die Jungs aber auch nicht blamieren und verzichten freiwillig. Spaß beiseite, ich wohne jetzt studiumsbedingt in Gelsenkirchen und schaffe es unter der Woche nicht, zum Training zu fahren. Daher habe ich mich bewusst für Portu entschieden, die es mir möglich machen, sonntags trotzdem zu spielen.

Dabei bist du eine Klasse tiefer gewechselt.
Ja schon, aber mir war es nach dem Bezirksligajahr bei Amisia wichtig, regelmäßig auf dem Platz zu stehen. Dort hatten wir mit Florian Haude einen Keeper, der gesetzt war. Mir blieben nur ein paar Freundschaftsspiele oder Hallenturniere. Meine jetzigen Mitspieler Dennis Hoffmann und Stephan Sloot kannte ich vorher schon ganz gut und die hatten mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, bei Portu zu spielen. Hier hatte ich die Aussicht auf einen Stammplatz und bin auch super aufgenommen worden. Die Jungs sind alle sympathisch und wir haben trotz der Tabellensituation den Spaß am kicken nicht verloren.

Wo soll deine Torwartreise hingehen?
Hier habe ich die Chance, mich zu zeigen. In Zukunft möchte ich gerne höherklassig spielen. Dafür muss ich aber noch weiter an mich arbeiten. Auf der Linie sehe ich mich schon ganz gut und das Dirigieren der Mannschaft fällt mir immer leichter.

Das geht dann schon so weit, dass du deinen Mitspielern sagst, "foult sie im Sechzener, den Elfer halte ich"?
(lacht) Das wäre vielleicht eine Idee. Ich habe meinem Kumpel Osman (Feka, Anm. d. Red.), der nicht gerade der Größte ist, letztens bei einem Standard gesagt: "wenn der Ball zu hoch kommt, nimm ihn ruhig mit der Hand". Er hat ihn dann aber doch lieber weggeköpft.

Das Talent Ehrarys ist auch in der Redaktion ein Thema. Ein Kollege erfuhr vom Fehler des Keepers bei einem Schuss aus größerer Entfernung zum zwischenzeitlichen 0:2 in Laer und meinte: "Hätte der aus elf Metern geschossen, wäre das Ding nie reingegangen." Ali, dein Bekanntheitsgrad wächst.