Kreisliga A - Anschwitz History

Die Horstmarer Meister-Mannschaft von 2012. Ausgerechnet gegen den TuS Laer 08 machte das Team von Trainer Christoph Klein-Reesink damals den Aufstieg in die Bezirksliga klar.

Es geht um den Bahnhof


von Christian Lehmann

(23.04.20) "Es geht um den Bahnhof!" - mit diesem Satz können vermutlich die wenigsten etwas anfangen. In Horstmar und Laer ist das anders. Dort ist das Derby der beiden rund fünf Kilometer entfernten Dörfchen seit vielen Jahren eine ganz große Nummer. Häufiger hatten die Nullachter die Nase vorn, die größten und wichtigsten Triumphe feierte in den direkten Duellen jedoch der TuS Germania. Und einmal, da verdankte Laer dem Rivalen sogar den Klassenerhalt.

"Wenn wir gegen Horstmar spielen, geht's um den Bahnhof. Damit sind wir groß geworden", sagt Manfred Dömer, Vereins-Urgestein und Fußballobmann beim TuS Laer. Es muss in den 70er Jahren gewesen sein, erinnert er sich, da stifteten drei Gönner eine Trophäe, um zu ermitteln, zu wem denn der Bahnhof, der fast exakt auf halber Strecke zwischen beiden Orten liegt, gehört. Nachdem die Laerer gleich die ersten drei Duelle für sich entschieden hatten, durften sie den Bahnhofspokal behalten. Noch heute steht er im Vereinsheim. "Das zog sich bei uns bis in die Jugend runter", erinnert sich auch Horstmars erster Vorsitzender Matthias Wernsmann. "Wer gewinnt, der durfte bis zum nächsten Spiel den Bahnhof für sich beanspruchen. Zu den Spielen kamen immer deutlich mehr Zuschauer als bei anderen. Heute ist es vielleicht nicht mehr ganz so, aber für meine Generation war es immer ein besonderes Derby." 

Rettung in letzter Sekunde

Die Rivalität zwischen beiden Teams war lange groß, von Hass geprägt war sie aber nie. Einen großen Schritt aufeinander zu machten beide Klubs sicherlich auch in der Saison 2000/01. Am letzten Spieltag brauchte Laer im Kampf um den Klassenerhalt in der A-Liga unbedingt Schützenhilfe - ausgerechnet vom TuS Germania Horstmar, der in Wettringen antrat. Selber musste die Mannschaft von Trainer Uwe Leifeld bei Titelanwärter SC Altenrheine gewinnen. Das klappte, allerdings schienen die Horstmarer lange nicht mitzuspielen. Fünf Minuten vor Schluss lagen sie bei Vorwärts mit 4:6 zurück - und glichen in der Nachspielzeit doch noch aus! "Da waren wir eigentlich schon mausetot. Dieses Spiel werde ich nie vergessen", sagt Dömer.

Ein paar Jahre später besiegelte die Germania dann aber doch das Laerer Schicksal. Am 10. Juni 2012 feierte die Truppe von Christoph Klein-Reesink dank eines 2:0-Erfolgs den Aufstieg in die Bezirksliga - Laer hingegen musste runter in die Kreisliga B. "Das war meine erste Trainer-Station. Eine schöne Zeit. An diesen Tag erinnere ich mich immer gerne", erklärt der heutige Coach des SV Burgsteinfurt. "Ich muss dann auch immer wieder an unseren ehemaligen Spieler Julian Ringkamp denken, der leider viel zu früh verstorben ist. Er war damals Teil der Aufstiegs-Mannschaft." Und ein Jahr später der umjubelte Held beim Klassenerhalt in der Bezirksliga, als er das goldene Tor gegen Amisia Rheine am letzten Spieltag erzielte.  

Aufstiegsheld "Pukki" Overkamp

Als Horstmar ausgerechnet beim Lokalrivalen den Meistertitel klar machte, hieß der Mann des Tages Patrick Overkamp. Horstmars flinker Angreifer holte kurz nach der Pause einen Foulelfmeter gegen Laers Spielertrainer Thomas Fraundörfer raus, den Tobias Rawert verwandelte. Den Schlusspunkt zum 2:0-Sieg setzte "Pukki" selbst - und das Öffnet externen Link in neuem Fensterin den Schuhen seines Coaches. "Damals passte alles. Wir hatten top Wetter, haben ein tolles Spiel gezeigt, sind später mit der Bimmelbahn nach Hause gefahren - und in Leer war auch noch Schützenfest", erinnert sich "Reese".

Für die Laerer war die Geschichte hingegen weniger schön. "Das war für uns richtig, richtig bitter", sagt Harry Toonen, Sportlicher Leiter des TuS und damals noch Co-Trainer. In der Hinrunde hatte das Team zeitweise sogar auf Platz drei gestanden. Höhepunkt war der 3:0-Sieg im Hinspiel in Horstmar. In der Rückserie sammelte das Team nur noch mickrige vier Punkte. Fraundörfer, der anschließend blieb und in der Folgesaison den direkten Wiederaufstieg packte, kann sich noch gut an die Seuchen-Serie erinnern. "Wir waren von Verletzungen gebeutelt und haben uns in eine Negativ-Spirale reingespielt. Ich habe alles versucht, um gegenzusteuern, eine zusätzliche Traininsgeinheit angeboten, aber es hat nicht sollen sein. Speziell für mich als Ur-Horstmarer war es eine spezielle Situation, dass ausgerechnet sie uns in die B-Liga geschossen haben."

7:6-Elfmeterkrimi im Pokal

Knapp ein Jahr zuvor hatte er schon mal eine ärgerliche Pleite einstecken müssen. Im Kreispokal hatte Laer zur Pause mit 2:0 am Borghorster Weg geführt, um schließlich doch mit 6:7 nach Elfmeterschießen zu unterliegen. "Auch das war bitter. Da sahen wir lange wie der sichere Sieger aus, ehe Horstmar in der letzten Minute ausgeglichen hat."

Fraundörfer hat sowohl als Spieler als auch als Trainer beiden Vereinen gedient. Damit zählt zu einer ganz seltenen Spezies, denn eigentlich ist es unüblich, dass ein Horstmarer im Nachbarort spielt und umgekehrt. Für ihn war das aber nie ein Problem. "Ich bin bei beiden Vereinen im Guten gegangen und habe immer noch Kontakte dorthin. Auf dem Platz geht's zur Sache, aber hinterher trinkt man ein Bier zusammen. So wie früher ist es sowieso nicht mehr. Bei Borghorst und Wilmsberg beispielsweise haben sich ja auch die Wogen geglättet."

An eine Fusion nach dem Vorbild des Borghorster FC ist in Horstmar und Laer derzeit wohl nicht zu denken. Wäre auch schade. Wer sollte denn dann noch um den Bahnhof spielen?