Gemen war cooler als die Borussia

Von Jost Klasmann

(10.09.23) Es war eine symptomatische Szene. Borussia Münster lag im Heimspiel gegen Westfalia Gemen mit 0:1 hinten. Toni Vogt war alleine durch, hatte den Ausgleich auf dem Fuß, scheiterte aber am herausgeeilten Gästetorwart Felix Göttling. Im direkten Gegenzug kam Borussias Schnapper Philipp Oluts einen Tick zu spät und erwischte einen entlaufenen Gemener mit der Hand am Fuß, nachdem dieser sich den Ball an ihm vorbeigelegt hatte. Es gab Elfmeter. Julius Gerster trat an und netzte zum 2:0 ein (87.). So kippte das Momentum innerhalb weniger Momente zu Gunsten der Gemener, die kurz darauf mit Gersters zweitem Streich den Auswärtssieg perfekt machten (88.) und mit 3:0 (1:0) gewannen.

Bei Temperaturen um die 30 Grad nahmen beide Teams zunächst etwas Anlaufzeit und viele Bälle gerieten noch zu lang. Die Borussen kamen als erste gefährlich zum Zug - das Westfalenpokal-Highlight gegen die Preußen schien bereits aus den Knochen geschüttelt worden zu sein. Wilko Schmidt erreichte  einen Steckpass - und auch wenn sein Abschluss verunglückte, wurde er im Nachgang noch von Gästetorwart Göttling abgeräumt. Glück für Gemen, dass der Pfiff hier ausblieb. Dies fungierte wohl als Wachmacher für die Zielaskowskis Truppe, die im Anschluss daran vor allem über die Außen aktiver wurde und sich Ecke um Ecke erarbeitete, daraus jedoch nichts zog.

Offener Schlagabtausch - Pauli wie ein Quarterback

Nach einem von vielen Gemener Doppelpässen über rechts war es dann so weit: Leonard Vincent Veith brachte eine Flanke hinein, die Borussias Jan Henrik Springeneer zwar vor dem einlaufenden Stürmer mit dem Kopf erwischte, aber nicht mehr am eigenen Tor vorbei bekam - 1:0 für die Gäste (23.). Gemen blieb auch nach der Trinkpause aktiver und kam über einen einem Volley von der Strafraumkante durch Spielmacher Jelke Willem Elferink zum nächsten Abschluss, Oluts musste aber auch nicht eingreifen.

Es entwickelte mehr und mehr ein offener Schlagabtausch. Aufseiten der Gäste hatten Spielmacher Jelke Willem Elferink und Gerster das 2:0 auf dem Fuß, aufseiten der Hausherren verpassten Maximilian Wüst und Moritz Pauli den möglichen Ausgleich in einer Doppelchance. Es war durchaus was los an der Grevingstraße. Pauli, der vor allem durch seine Spieleröffnungen in Quarterback-Manier auffiel, traf obendrein noch das Außennetz.  Kurz darauf kam noch Alu-Pech ins Spiel. Cebrail Demir setze von links zum flachen Schlenzer aufs lange Eck an, doch der Ball klatschte nur an den Pfosten. Dann war Halbzeit. Gemen führte -hinten raus durch aus mit Glück.

Hier hatte Gäste-Coach Thomas Zielaskowski jedoch Einwände: "Glück muss man sich auch erkämpfen und das haben die Jungs heute sehr stark gemacht. Ich kann meiner Mannschaft nur ein Lob dafür aussprechen, dass sie bei der Hitze läuferisch so stark dagegen gehalten haben." Besonders sein Schnapper Göttling überzeugte - mit wohlgemerkt erst 19 Lenzen. Borussias Trainer Henry Hupe haderte mit dem Chancenwucher: "Du musst Tore schießen, du hast genug Torchancen und da sprechen wir dann auch von Qualität. Es ist nicht immer fehlendes Spielglück."

Chancen hüben wie drüben

Auch im zweiten Durchgang blieb es beim ausgeglichenen Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Beschränken wir uns auf die größten: Johannes Steinbach traf den Pfosten des Gemener Gehäuses. Auch Gerster prüfte, ob das Münsteraner Aluminium sturmfest ist. Die immer wieder nach langen Bällen gefährlich werdenden Borussen blieben im Abschluss zu schwach und so kam es in der Schlussphase zum späten Knockout durch den doppelten Gerster.

Hupe zeigte sich entsprechend unzufrieden: "Da geht's dann auch um Überzeugung, den Ball reinzumachen, und die Ruhe vor dem Tor zu bewahren. Da waren wir einfach nicht gut genug. Aber daran lässt sich auch arbeiten, wie gesagt: Das ist nicht unbedingt nur Glück oder Pech." Zielaskowski freute sich hingegen ob der ersten weißen Weste der Saison: "Wir hatten in den letzten Spielen immer wieder Ausfälle und mussten hinten umbauen. Dass heute zu Null gespielt wurde, ist extrem wichtig. Auch für die Jungs in der Abwehr und den Torwart freut mich das, das haben sie sich redlich verdient.

Borussia Münster - Westfalia Gemen     0:3 (0:1)
0:1 Springeneer (23./ET), 0:2 Gerster (87.)
0:3 Gerster (88.)