Alles ist ein bisschen schneller als vorher

von Fabian Renger

(27.10.23) Wenn man die Laufbahn eines Fußballers malen würde, dann würde sie vermutlich ungefähr so aussehen wie die Laufbahn von Luca Kersting. Bis zum Sommer stand der 23-Jährige noch für die SG Elte in der Kreisliga B1 Steinfurt im Kasten. Dort spielen ansonsten Mannschaften wie der SuS Neuenkirchen IV oder Vorwärts Wettringen III. Im Sommer übersprang er gleich mal einige Ligen und heuerte beim SV Mesum an. Westfalenliga statt Kreisliga B. Sechshöchste Spielklasse statt zehnthöchste. Dreimal kam er bislang beim SVM in der Liga zum Einsatz. Zweimal über die volle Distanz, einmal für rund 80 Minuten, als Keeper Phil Fockers gegen Bockum-Hövel die Rote Karte sah. Läuft. Vorige Woche gegen GW Nottuln hielt er dann sogar den Punkt fest.

Wir schreiben die Nachspielzeit. Nottuln kriegt nochmal einen Elfmeter zugesprochen. Es steht 1:1. Kersting hält den Versuch von Peter Stüve. "Das ist ja mittlerweile eine Gewohnheitssache für mich geworden", sagt Kersting lachend. Stimmt sogar. In der B-Liga kam er mal auf eine irre Serie, hielt damals (mindestens) acht Elfer in Folge. Womöglich waren es noch mehr. Das musst du dann aber auch erstmal in der Westfalenliga wiederholen. "Da ist das dann schon was Besonderes", nickt Kersting.

"Die Jungs ziehen dich auf dem Niveau durch"

Den Sprung gemeistert hat er ansonsten aber problemlos. Auch wenn die Umstellung freilich immens ist. "Das ist einfach schneller. Eigentlich ist es nicht mehr viel mit Denken, du reagiert nur noch", berichtet der Keeper. Am Ball ist er sowieso bockstark, verfügt über eine gute Übersicht. "Du hast da nicht mehr die Zeit, großartig zu überlegen, wo man den Ball hinspielt. Du musst schnelle Entscheidungen treffen - gucken und spielen", sagt der Schlussmann, der sich gut akklimatisiert hat. "Die Jungs ziehen dich auf dem Niveau mit durch. Ich finde, dass man nicht noch großartig merkt, dass man aus der Kreisliga kommt." Und sonst so? Es gibt auch Vorteile. "Du kannst Bälle spielen, die du sonst vorher nicht gespielt hast, weil deine Mitspieler damit umgehen können." Höheres Niveau, talentierte Mitspieler - naja, alles wäre dann auch irgendwie komisch.

Mesum - der passende Ort für eine Entwicklung

Bemerkenswert: In der Vorwoche gegen Nottuln stand er im Kasten, obwohl Mesums Torwart-Legende - ich denke, der Begriff passt - Max Jasper dabei war. Der Hintergrund ist schnell erklärt: Jasper war in der Woche zuvor im Urlaub, der dritte Schnapper im Bunde Phil Fockers war gesperrt. Also durfte Kersting ran, Jasper saß auf der Bank. "Die Trainer geben einem die Chance. Das ist nicht so typisch. Sobald man sich im Training zeigt, kriegt man seine Zeiten", freut es den Goalie. In Mesum ist das aber Standard. David Katerkamp kam im Sommer aus der U19 des FSV Ochtrup (letztes Jahr Kreisliga A) und stand schon mehrfach in der Startelf. Jan Fislage, der im Sommer von der U19 des FCE herüber wechselte, durfte gegen Nottuln starten.  Vertrauen, das Mesums Trainerteam um Chefcoach Marcel "Cello" Langenstroer in die jungen Leute hat. Und die zahlen es zurück. Bestes Beispiel: Kevin Ostendorf. Wer den Youngster vor einem Jahr gesehen hat und jetzt, in seinem zweiten Seniorenjahr, der wird ihn kaum wiedererkennen.

Doch genug des Lobes. Sportlich ist Mesum nämlich gerade aus der Spur geraten. Nach sieben Spieltagen war Mesum ohne Niederlage Tabellenführer. Dann folgte das Aus im Kreispokal gegen den Bezirksligisten SV Burgsteinfurt und der SVM ratterte in ein Loch. Nur einen Punkte holte die Truppe in vier Ligaspielen. Teilweise war die Leistung desaströs (1:5 in Nieheim), teilweise harmlos (0:3 gegen Hiltrup). Zuletzt gegen Nottuln ging es dann immerhin wieder aufwärts. Sagen wir es mal so: Hätte Kersting den Elfer nicht gehalten und Mesum das Spiel verloren - es wäre nicht gerade verdient gewesen. "Da hätte man einen Sieg holen müssen", bestätigt Kersting.  Nun steigt das Derby gegen Borussia Emsdetten am Teekotten. Einen besseren Zeitpunkt, um einen Negativtrend zu beenden, gibt's doch gar nicht. Oder?

Anschwitzen, 12. Spieltag

Oberliga Westfalen

SpVgg Vreden - FCE Rheine (So., 15 Uhr)
Der FCE hat zwar einen neuen Ordner für sein legendäres Ordnerteam, aber - Stand Freitagmittag - noch keinen Cheftrainer gefunden. Es ist also davon auszugehen, dass auch am Sonntag noch Björn Laurenz in Vreden auf der Bank sitzen wird. Am wilden Namedropping beteilige ich mich nicht, nur so viel: Zuletzt wurde auch mir der Name Wolfgang Schütte zugeflüstert. Aber warten wir es doch einfach mal ab. Wird aber schwer, gegen Vreden in die Erfolgsspur zurückzukehren: Die SpVgg gewann die vergangenen drei Ligaspiele allesamt ohne Gegentreffer. (insgesamt 282 Minuten) Luis Frieling trifft aktuell alles, Maxi Hinkelmann trifft auch wieder. Apropos: Kapitän Hinkelmann hat in dieser Woche seinen Vertrag verlängert. Läuft!
Heimspiel-Tipp: 3:1. Ein Tor kriegt Rheine gebacken, da hört es aber auch schon auf.
Kersting: 3:0

1. FC Gievenbeck - TuS Bövinghausen (So., 15 Uhr)
Aus dem fernen Zypern reiste der neue TuS-Trainer und Ex-Profi Baris Özbek (u.a. Galatasaray Istanbul, Union Berlin, MSV Duisburg) nach Bövinghausen. Freitags leitete er das erste Training, sonntags gewann er sein Debüt gegen die TSG Sprockhövel mit 2:1. So kann man mal starten. Özbek, der in Castrop-Rauxel wohnt (mein Beileid!),  nahm dann auch im RevierSport-Interview kein Blatt vor den Mund und sprach direkt vom Aufstieg. Noch ist das möglich. Aber: Gievenbeck muss keine Angst haben, steht nur einen Platz und Zähler hinter dem TuS auf Platz sieben. Seit vier Spielen ist der FCG ohne Pleite und ohne Gegentor. Da brauchst du wohl vor keinem Angst haben...
Heimspiel-Tipp: 2:1
Kersting: Gievenbeck ist für mich die Überraschungsmannschaft. Finde ich geil! Coole Truppe, coole Konstellation! 3:0.

TSG Sprockhövel - Preußen Münster II (So., 15 Uhr)
Geil! Oder ungeil? Kurzum: Die Kollegen der WAZ titeln: "3 Niederlagen und nun warten 3 Monster auf TSG Sprockhövel". Gut: Zahlen von eins bis zwölf schreibst du aus. Und es müsste auch eher "die TSG" heißen. Aber egal. Schöne Überschrift. Als Monster wurde Kieran Schulze-Marmelings Truppe wohl länger nicht bezeichnet - wenn überhaupt. Preußens Coach sagt auf der Vereins-Homepage aber auch schöne Sachen. Bei der TSG seien "schon echte Zocker dabei". Und er macht nochmal darauf aufmerksam, dass Pascal Koopmann wieder mit dabei ist. Neulich stand er in Erkenschwick erstmals nach seiner Kreuzbandverletzung und seit zehn Monaten bereits wieder im Kader. Auch dazu hat Schulze-Marmeling viel zu sagen. Lest ihr hier, würde hier zu lang werden sonst.
Heimspiel-Tipp: Die Monster müssen auch mal erledigt werden. 3:2.
Kersting: 1:2.

SF Siegen - SF Lotte (So., 15 Uhr)
Zehn Spiele seit Oktober 20212. Siebenmal gewann Lotte, dreimal gab's ein Remis, noch nie verloren die Lotteraner gegen Siegen seither. Lotte gewann die letzten acht Pflichtspiele. Genug dazu.
Heimspiel-Tipp: 0:3
Kersting: Lotte ist für mich Aufstiegskandidat Nummer eins. 0:4. Locker weg.

Westfalenliga 1

TuS Hiltrup - SC Peckeloh (So, 15 Uhr)
Lukas Cofalik, Justin Mittmann und Co-Trainer Mike Scollie treffen auf ihren Ex-Klub. Ein besonderes Spiel also für das Hiltruper Trio. Der TuS holte zehn Zähler aus den vergangenen vier Spielen, flog am Mittwoch allerdings aus dem Pokal raus. Und es gibt wenige Aufgaben, die unangenehmer sind als die Spiele gegen den SCP, der traditionell und fast schon berüchtigt wenige Gegentore kassiert. Weiß auch Hiltrups Trainer Marcel Stöppel, der uns nach dem Pokalaus gegen den Bezirksligisten Münster 08 Folgendes zum Peckeloh-Spiel sagte: "Egal, was war. Es ändert nichts daran, dass wir mit der Saison zufrieden sind und in der Liga gut performen. Peckeloh ist ein echt heftiger Gegner, da können wir einiges wieder gutmachen. "
Heimspiel-Tipp: 0:1
Kersting: Beide sehr gute Defensiven. 0:2.

Borussia Emsdetten - SV Mesum (So., 15 Uhr)
1:0-Sieg, 0:1-Pleite, 2:1-Sieg, 2:2, Elfmeterschießen-Aus im Pokal, 1:1, 2:1-Sieg. In den vergangenen sieben Pflichtspielen der Borussen ging es stets maximal knapp zu. EV-Kollege Marius Holthaus nahm sich passend zum Derby Borussias Moritz Uphoff und Mesums Chris Strotmann zur Brust. Uphoff meinte dazu im Interview: "Zuletzt beim 1:0-Sieg in Haltern war es auch wieder unnötig eng. Wir wünschen uns ja auch, mal schon in der 1. Halbzeit alles klarzumachen. Aber das wäre doch langweilig, oder?" Ja, wäre es.
Heimspiel-Tipp: 0:2. [Kersting: "Gewinnen wir wirklich 2:0, dann darfst du dir was aussuchen"]
Kersting: 1:2. Den einen Gegentreffer nehmen wir mit, der ist pauschal gebucht mittlerweile.

GW Nottuln - Westfalia Kinderhaus (So., 15 Uhr)
Neun Duelle spuckt die Statistik seit 2017 aus. Sechs (!!!) endeten Unentschieden, selbst die Tordifferenz ist mit 11:11 ausgeglichen. Obendrein ist die aktuelle Tabellenlage ähnlich: Nottuln ist Vierter mit 19 Punkten, Kinderhaus hat einen Punkt weniger und ist Fünfter. Das mieft hier alles nach einem wahnsinnig engen Duell. Ach ja: Es ist auch der Beginn der Abschiedstour von Jens Niehues, der nur noch fünf Ligaspiele im Amt erleben wird. Sein Rücktritt kam für uns überraschend. Wir sind jetzt schon traurig darüber.
Heimspiel-Tipp: 2:1. 
Kersting: 1:1