Vogelwildes Topspiel

Von Christian Lehmann

(11.11.23) Um ein Spitzenspiel wird im Vorfeld meist mehr Wind gemacht als nötig. Das Flutlicht-Feuerwerk des SV Burgsteinfurt gegen Emsdetten 05 war das Gegenteil von "viel Lärm um nichts": Mit vier Treffern binnen acht Minuten, einem "Tor des Monats" aus fast 50 Metern und einer wahnsinnigen Effektivität rang der Gastgeber eigentlich richtig starke Nullfünfer mit 6:2 (4:2) nieder. Achja, 'ne Rote Karte gab's auch noch. 

Wer (so wie ich) nur die erste halbe Stunde dieser Partie gesehen hatte, dem dürften später beim Blick auf das Ergebnis die Augen aus dem Kopf gefallen sein. Die Gäste begannen ultra-stark, stellten ganz hoch vorne zu und gewährten den Burgsteinfurter maximal einen langen Schlag ins Nirwana. Die 1:0-Führung war sowas von verdient: Nach einer Umschaltaktion über Merlin Heinz und Luca Tillmann wurde halblinks Marius Schomaker freigespielt, der den Ball flach an Hannes Schäperklaus vorbei zum 0:1 ins Netz legte (15.). Etliche Ecken segelten in dieser Phase in die Box, Emsdetten hätte auch höher führen können, ja sogar müssen.  

Klein-Reesink: "Mannschaft nicht wiedererkannt"

"In der ersten halben Stunde habe ich meine Mannschaft nicht wiedererkannt. Wir hatten große Probleme, keine Präsenz, konnten uns nicht befreien und haben sehr viel gelitten", räumte SVB-Coach Christoph Klein-Reesink ein. Und dann? "Dann haben wir sie in acht Minuten auseinander genommen..." Nach einem Freistoß von Volkan Haziri nickte Hannes Brodner zum 1:1 ein (33.), nur zwei Minuten später war Haziri dann nach einer Flanke von Julius Fliß selbst per Kopf zur Stelle (2:1/35.). Die Dettener waren nun von der Rolle: Fliß bediente Petris, der zum 3:1 traf (48.). Wiederum nur drei Minuten später zeigte Schiedsrichter Moritz Chakraborty nach einem Zwei- oder eher Dreikampf von Olden mit Luca Tillmann und Tim Merker auf den Punkt, Jan-Hendrik Koers vollstreckte zum 4:1 (41.). Den Schlusspunkt der vogelwilden ersten Hälfte setzte schließlich Adinane Fousseni, der auf der Gegenseite nach einer Ecke per Kopf traf (4:2/43.).

In der zweiten Halbzeit hatten sich die Hausherren dann vorgenommen, das Offensivpressing der Nullfünfer mit klaren Bällen auf die letzte Linie zu umgehen. Das klappte gut. Ein "Weltklasse-Tor" (Klein-Reesink) von Volkan Haziri ließ dann den Widerstand der Gäste erlahmen. Von der Mittellinie aus jagte Burgsteinfurts Regisseur die Kugel über Janis Over hinweg zum 5:2 ins Tor (56.). Auch in Unterzahl - Jan-Hendrik Koers hatte nach einer Notbremse gegen Merlin Heinz die Rote Karte gesehen (70.) - legten die Effektivlinge vom SVB noch nach, Joshua Olden nahm die halbe Emsdettener Defensive hops und traf zum 6:2-Endstand (74.). Bitter für die Stemmerter: Olden schied kurz vor dem Ende mit Verdacht auf Muskelfaserriss aus.

Stolz bei beiden Coaches

"Das war ein ganz wilder Ritt, ein richtig intensives Spiel", bilanzierte "Reese". Der Sieg ist verdient, fällt aber zu hoch aus. Nullfünf hat eine sehr gute Leistung gezeigt, aber meine haben sich da grandios rausgekämpft. Wir waren brutal effektiv. Nach dem 2:1 hat man gesehen, dass die Jungs wieder wussten, dass sie Tabellenführer sind.", meinte Klein-Reesink und gab grünes Licht für einen Party-Marathon am Wochenende: "Wir werden das auf der Hochzeit von Jens Hauptmeier begießen, haben aber noch ein bisschen was vor uns. Der Ritt ist noch nicht beendet."

Auch Gästecoach Daniel Apke war trotz der deutlichen Pleite stolz auf sein Team. "Das war vielleicht das beste Spiel der Saison. Ich kann meinen Jungs nichts vorwerfen und werde entspannt schlafen können. Glückwunsch an Burgsteinfurt, ihre Kaltschnäuzigkeit und Zielstrebigkeit haben das Spiel gewonnen. Sie waren in der ersten Halbzeit viermal in der Box, machen vier Tore. Ansonsten haben über 90 Minuten eigentlich nur wir Fußball gespielt. Leider Gottes ist Fußball nicht immer gerecht. Ergebnisfußball hat heute gegen unsere Fußball-Idee gewonnen."

SV Burgsteinfurt - Emsdetten 05     6:2 (4:2)
Tore: 0:1 M. Schomaker (15.), 1:1 Olden (33.), 
2:1 Haziri (35.), 3:1 Petris (38.), 
4:1 Koers (41./FE), 4:2 Fousseni (43.),
5:2 Haziri (56.), 6:2 Olden (74.)
Rote Karte: Burgsteinfurts Koers (70./Notbremse)