Prioritäten setzen kann er 

von Fabian Renger

(14.03.24) Florian Graberg ist ein Mann, der weiß, was er will. Vor rund einem Jahr, es war etwa im April oder Mai, musste er mit seiner Masterarbeit beginnen. Nebenbei war er noch Westfalenliga-Fußballer für Westfalia Kinderhaus. "Ich hab gemerkt, das wird mir zu viel", erinnert sich der 28-Jährige. "Ich bin da so eingestellt, dass ich mir und dem Team gerecht werden möchte und jedes Mal zum Training kommen kann. Ich wusste, das kann ich nicht mehr gewährleisten." Also gönnte sich Graberg eine fußballerische Schaffenspause. Voller Fokus auf die Masterarbeit und den Abschluss. Prioritäten setzen kann er. Doch inzwischen ist er zurück auf der Koppel. Und das ist auch gut so.

Im Spätherbst packte ihn nämlich endgültig wieder das Fieber. Das Studium war durch, er befindet sich inzwischen im Referendariat an einer Recklinghäuser Gesamtschule. Die Zeit war zurück. "Bock auf Fußball hatte ich sowieso", sagt Graberg. Also klopfte er mal bei Westfalias Coach Holger Möllers an, ob er nicht wieder vorbeikommen könnte. Der wäre ja schön blöd, wenn er das abgelehnt hätte. "Dann wurde aus einem Training zwei, drei...", erklärt Graberg. Er startete erst bei der Reserve in der Bezirksliga, spielte dort ein paar Partien, um sich wieder einzugrooven. Und seit dem Jahreswechsel ist er zurück bei Westfalia I. "Das bockt auf jeden Fall",  hat Graberg nichts bereut.

"...da kann ich mich als Verteidiger nicht beklagen"

Offensichtlich hat er auch nichts verlernt. In allen fünf Ligaspielen stand er über die volle Distanz auf dem Platz.  Kinderhaus gewann vier davon, die vergangenen drei ohne Gegentreffer. Gibt's einen Zusammenhang? Graberg ist bescheiden. In der Dreierkette der Westfalia bekleidet er meistens den zentralen Part. Dass so wenig hinten reinfällt, hänge mit der gesamten Truppe zu tun. "Es arbeiten alle sehr gut mit nach hinten. Da kann ich mich als Verteidiger nicht beklagen", wiegelt der Defensivspieler ab. "Ich versuche, meinen Erfolg beizutragen. Das gelingt mir, glaube ich, gerade recht gut." Das stimmt wohl. Sicherheit gibt er seiner Truppe definitiv. Nach vorne gibt's zwar aktuell auch selten Dauerbeschuss der Gegner (zuletzt 2x ein 1:0, beim 3:0 gegen Mesum fielen zwei Treffer in der Nachspielzeit), aber Kinderhaus überzeugt stets mit einer gewissen Geduld, die belohnt wird - und die Truppe bis nach oben spülte. Spitzenreiter Verl ist nur drei Punkte entfernt.

"Wir stehen nicht gerade ohne Grund da oben", sagt Graberg selbstbewusst, aber ergänzt im selben Atemzug: "Mit einer Kampfansage halte ich mich zurück. Wir wissen aber, dass wir spielerische Qualität haben. Wir wissen uch, dass wir die engen Spiele gerade gewinnen - das war nicht immer so und spricht für eine gewisse Qualität in der Mannschaft." Kinderhaus schlug zuletzt u.a. den SV Mesum und auch Verl. Auch der Delbrücker SC wurde bereits geschlagen in 2024. Das kommt alles nicht von ungefähr. Dennoch holt Graberg noch kein Fernglas raus. Die Ausgangssituation sei sehr gut, dennoch betont er: "Es klingt zwar abgedroschen, aber ich glaube, wir müssen in jedem Spiel unsere Hausaufgaben machen, sonst verlierst du den Blick aufs Tagesgeschäft. Wir wissen, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt." Prioritäten setzen kann er also nicht nur außerhalb des Platzes...

Hiltrups Linus Groeger ist ein echter Macher. Sowohl das Remis des FCE als auch den eigenen 1:0-Erfolg sagte er goldrichtig voraus. Damit gewann er das Tippspiel gegen unseren Redaktions-Quoten-Kölner Jakob Hehn mit 6:5. 

Oberliga Westfalen, 23. Spieltag

SF Lotte - SG Finnentrop/Bamenohl (Sa., 16 Uhr)
Das ist schon kurios. Allem Anschein nach wollen die Spitzenmannschaften derzeit nicht mehr gewinnen. Der ASC Dortmund (1./47 Punkte), SV Schermbeck (2./45) sowie die Lotteraner (3./44) gewannen jeweils keines ihrer vergangenen zwei Ligaspiele. Lottes Sieglos-Serie hält sogar schon drei Partien an. Langsam robbte sich nun von hinten Türkspor Dortmund an, das mit 43 Zählern auf dem vierten Rang angekommen ist. Lotte spürt den Atem.
Graberg: 4:1
Heimspiel-Tipp: Lotte ist zurück in der Erfolgsspur. 3:1.

Preußen Münster II - SpVgg Vreden (So, 15 Uhr)
Marvin Kehl verzieht sich im Sommer von den Preußen. Am Mittwoch teilte der SC Spelle-Venhaus nämlich mit, dass sich der 26-jährige Antreiber im Sommer den Niedersachsen anschließen wird. In Spelle trifft er damit auf viele alte Bekannte: Tobias Harink (noch Preußen Münsters U19-Trainer), Henry Hupe (Borussia Münster), Marius Kattenbeck. Elias Strotmann kommt im Sommer aus Gievenbeck. In Vreden wurde in der Vorwoche Bernd Verwohlt indes für sein 100. Meisterschaftsspiel geehrt. Eine tolle Marke.
Graberg: Das machen die Preußen. Ein souveränes 2:0.
Heimspiel-Tipp: Vreden holt einen Punkt für die Moral. 2:2

Westfalia Rhynern - FCE Rheine (So., 15 Uhr)
Nicht viel mehr getan als nötig hat der FCE am Mittwochabend im Steinfurter Kreispokal-Halbfinale gegen den SuS Neuenkirchen. Nach 90 Minuten stand ein knapper 1:0-Erfolg. Er war eher schmeichelhaft. Andererseits: Nach den vergangenen intensiven Wochen in der Liga ist das sicher zu verzeihen, im Pokal geht's eh nur ums Weiterkommen und um keinen Glanz. FCE-Coach Christian Hebbeler war daher mit der Leistung zwar nicht einverstanden, aber gestand seinen Jungs so einen Auftritt ein. Ihr Ziel hatten sie ja erreicht. Nun geht'sgegen Rhynern eh um Wichtigeres.
Graberg: 1:1 
Heimspiel-Tipp: 2:1. Die erste Pleite für den FCE in diesem Jahr trotz langer Führung.

SV Schermbeck - 1. FC Gievenbeck (So., 15.30 Uhr)
Steffen Büchter also. Am Dienstag enthüllte der FCG den Namen des zweiten Trainers für die neue Saison. Torsten Maas und er werden gleichberechtigt arbeiten. Maas ist 24, Büchter ist 28. Ein blutjunges Duo. On top kommen ja massenweise A-Junioren hoch. Bei den 49ers haben sie noch Vertrauen in die Jugend. Finden wir jedenfalls einen starken Weg!
Graberg: 2:2
Heimspiel-Tipp: Nächster Punktgewinn bei einem Spitzenteam. Diesmal beim Zweiten. 1:1.

Westfalenliga 1, 21. Spieltag

Borussia Emsdetten - TuS Hiltrup (Do., 19.30 Uhr/Nachholspiel 17. Spieltag)
Manchmal bereue ich es, dass meine elendige Karriere als talentfreier Torwart in der B-Jugend beendet wurde. Vielleicht hätte mich sonst auch mal jemand so abgefeiert wie der TuS Hiltrup Fabian Lichte. Der machte das goldene Tor des Tages im Rahmen des Hiltruper 1:0-Heimsiegs über Delbrück klar. Und danach war er der gefeierte Held: "Your defence is terrified, Lichte on fire." Ein Video, das alles sagt über die Laune der Überraschungsmannschaft aus Hiltrup.
Graberg: Ich wünsche mir ein klassisches 0:0. [Logisch, sonst würde Hiltrup an Kinderhaus vorbei auf Platz zwei springen, d. Red.]
Heimspiel-Tipp: 1:2. Ein Torfestival für Hiltruper Verhältnisse. Die Borussen führen früh, Hiltrup fällt lange nichts ein - bis in der Nachspielzeit ein dramatischer Doppelschlag erfolgt.

Hammer SpVg - Westfalia Kinderhaus (Fr., 20 Uhr)
14-mal stand bei Westfalia Kinderhaus in der Vorsaison die Null. In dieser Spielzeit sind es schon wieder acht weiße Westen - zuletzt drei in Folge. Könnte also zu toppen sein. Die Kinderhauser verlieren einfach kaum noch (nur eine Niederlage aus den vergangenen zwölf Partien), sind jetzt Zweiter. Nach oben schielen darf und muss erlaubt sein. Gibt es in Kinderhaus eigentlich schöne mögliche Meister-Balkone?
Graberg: Wir bleiben beim zu Null. Im Optimalfall übst du Druck aus. 0:2. Semih & Fabi Witt treffen.
Heimspiel-Tipp: 0:1. Der Siegtreffer fällt per Standard.

SV Rödinghausen II - TuS Hiltrup (So.., 15 Uhr)
Überraschungsmannschaft? Ja. Hiltrup ist seit zwölf Ligaspielen ungeschlagen. Die letzte Pleite datiert vom 24. September, es war ein 0:2 in Verl. Der FSV Mainz 05 und 1. FC Kaiserslautern haben seitdem zweimal den Trainer gewechselt.
Graberg: Das wird wirklich schwierig. Rödinghausen ist ein sehr spielstarkes Team. 3:1
Heimspiel-Tipp: Hiltrup ist platt vom Donnerstag. 3:0.

FC Nordkirchen - Borussia Emsdetten (So., 15 Uhr)
Also angenommen, unser Ergebnistipp vom Donnerstag stimmt, dann ist Borussia zum Siegen verdammt.  Vier Punkte beträgt Borussias knapper Vorsprung auf die Abstiegszone - und auf dem ersten Nichtabstiegsplatz steht? Richtig, der FC Nordkirchen. Es ist Druck auf dem Kessel am Teekotten. (Hihihi, Kessel, Tee, hihihi) Ein Sieg gegen Hiltrup würde schon jede Menge helfen. Sonst wäre das Match gegen den FCN wirklich ein noch viel wichtigeres als ohnehin schon.  Borussias Trainer Roland Westers hat bei den Kollegen der EV festgestellt: "Die Mannschaft ist verunsichert." Verunsicherung ist nie ein guter Ratgeber. Apropos EV: Dort war kürzlich zu lesen,dass sich im Sommer neben Kevin Hagemann auch Daniel Mladenovic verabschieden wird. Übers Ziel steht dort nichts geschrieben.
Graberg: 1:2
Heimspiel-Tipp: 0:2. Borussia hält die Null und kämpft sich zum Sieg. Kein schönes Spiel.

RW Maaslingen - GW Nottuln (So., 15 Uhr)
Darius Schwering und Marvin Möllers sind noch immer ungeschlagen. Acht Punkte (zwei Siege, zwei Remis) holten sie aus ihren ersten Ligaspielen als Chef. Zudem gelang der Einzug ins Kreispokal-Halbfinale. In Maaslingen wird das Erfolgstrainer-Duo allerdings gefordert. Im Hinspiel erwischte Nottuln nämlich einen ziemlich gebrauchten Tag und verlor 0:1 - trotz halbstündiger Überzahl. Das Wort 'Revanche' würden wir fett auf die Tafel pinnen.
Graberg: 2:0
Heimspiel-Tipp: 1:1. Nottuln läuft einem frühen 0:1-Rückstand lange Zeit hinterher - und schafft es dann doch, diesen zumindest aufzuholen.

SV Mesum - Preußen Espelkamp (So., 15.30 Uhr)
Tore sind garantiert. In den sieben Duellen seit 2009 fielen pro Partie im Schnitt 5,71 Tore. In der Vorsaison war es zunächst ein 4:3 pro Mesum, danach ein 5:3 pro Espelkamp. In der Hinrunde folgte ein enges 3:3. Und jetzt? Lars Jenders traf in der Nachspielzeit zum Ausgleich. Damals war Mesum übrigens Tabellenführer. Ja. Lange her.
Graberg: Mesum gewinnt mal wieder. 3:0
Heimspiel-Tipp: 2:2. Fast schon langweilig.