Sportsgeist trotz Interessenkonflikts

Von Christian Lehmann

(22.04.20/Update) Auch, wenn noch nichts entschieden ist: Der sich abzeichnende Abbruch der Saison bedeutet wohl auch das Aus für einen wahnsinnig spannenden Titelkampf in der Bezirksliga 7. Die Entscheidung darüber, ob die Saison annulliert, nach der Hinrunde oder nach aktuellem Stand gewertet wird, wird vor allem im Lager der Meisterschafts-Anwärter SV Drensteinfurt und SG Bockum-Hövel mit gekreuzten Fingern erwartet. Natürlich haben beide Vereine bei der FLVW-Abfrage des Meinungsbildes für die Variante votiert, die ihnen am besten entgegen kommt. Trotzdem kommt bei den beiden Rivalen der Sportsgeist nicht zu kurz.

"Ich hatte vor kurzem noch Kontakt zu Olli Logermann. Wir haben uns gegenseitig zu einer geilen Saison gratuliert. Beide Mannschaften hätten es verdient, aufzusteigen", sagt David Schmidt. Der Spielertrainer der SG Bockum-Hövel feierte nach der Hinrunde den Herbstmeistertitel, verlor nach der Winterpause allerdings die Pole Position an den SVD - durch eine 0:1-Pleite im direkten Duell sowie den Punktverlust gegen den starken Ligavierten Westfalia Soest. Dass die Zahl der Befürworter für eine Wertung der Hinrunden-Tabelle im Hammer Vorort die größte war, überrascht kaum. 

Nur eine Niederlage in der Hinrunde

"Wir finden es gut, dass alle Vereine mit eingebunden und gehört werden. Letztlich wissen wir aber auch, dass wir nichts beeinflussen können", sagt Schmidt. "Von mir aus hätten wir auch gerne im September weiterspielen können - oder nächstes Jahr im März. Wir sind froh, wenn wir irgendwann wieder Fußball spielen dürfen. Unsere Hinrunde war überragend, da haben wir nur ein Spiel verloren. In der Rückrunde hatten wir fast alle ganz dicken Brocken schon weg. Wenn die komplette Saison annulliert wird, wäre das natürlich extrem bitter. Die Gesundheit steht aber ganz klar an erster Stelle!"

Das sieht auch der Coach des SV Drensteinfurt nicht anders. "Natürlich wäre das für uns glücklich, wenn die Tabelle nach aktuellem Stand gewertet würde. Ich würde aber lieber normal aufsteigen. So richtig freuen würden wir uns nicht", betont Oliver Logermann. "Ich fänd's schade, wenn die 20 Spiele, die wir bestritten haben, umsonst gewesen wären. Die Saison annullieren, das kannst Du meiner Meinung nach eigentlich nicht machen, aber wir würden nicht klagen." 

Keine Planungssicherheit 

Die fehlende Planungssicherheit sorgt bei vielen Teams schon jetzt für konkrete Schwierigkeiten. Zum einen werden einige Sponsoren langsam ungeduldig, zum anderen ist es schwer, externe Neuzugänge für sich zu gewinnen. "Es gibt Spieler, die nur in der Landesliga spielen wollen, andere wiederum möchten nicht so großen Aufwand fahren und würden ihre Zusage nur geben, wenn wir in der Bezirksliga bleiben", verdeutlicht Schmidt. Auch den Stewwertern würde im Werben um Verstärkungen derzeit ein klarer Fahrplan wohl in die Karten spielen.

Im Jahr des 110-jährigen Vereinsbestehens erstmals in der Landesliga - das wäre schon eine dolle Nummer für den SVD. So oder so steht für Logermann fest: "Ich glaube, dass wir dort nicht schlecht aufgehoben wären." Dafür spricht, dass er mit Ausnahme von Tobias Kofoth (zurück zum TuS Ascheberg) keine Abgänge aus dem aktuellen Kader zu verzeichnen hat. Und vielleicht sogar eine unverhoffte Verstärkung: "Ich gehe momentan jeden Tag joggen und laufe meine besten Zeiten. Ich bin so fit wie nie zuvor und könnte vielleicht sogar nochmal Gas geben...", sagt er. Das allerdings mit einem Augenzwinkern.

Verfolger sind gelassen

Theoretisch hätten bei einer Saison-Fortsetzung auch die Verfolger des Spitzenduos noch Chancen auf den Aufstieg. Bei RW Westönnen, Westfalia Soest und dem TuS Freckenhorst geht man mit der aktuellen Diskussion aber ganz entspannt um. "In Westönnen wird es keinen geben, der mit der Entscheidung hadern wird", sagte der Sportliche Leiter des Tabellendritten, Thomas Hein, dem Soester Anzeiger. Der Klub intensivierte zuletzt die Planungen für die kommende Saison. Fest steht nun, dass Coach Christoph Linstaedt nur noch an der Seitenlinie und nicht mehr auf dem Platz. Zudem kommen mit Sandro Osterhoff (BV Bad Sassendorf) und Dennis Bauer (Westfalia Soest) zwei Neuzugänge.

Auch in Soest werden schon die Weichen für die Saison 2020/21 gestellt, auch hier hat man sich mit einem Abbruch bereits abgefunden, auch wenn Trainer Ibou Mbaye das Ganze ziemlich schade findet: "Wir hätten gerne die Saison fortgesetzt. Nicht, um aufzusteigen, sondern um weitere Erfahrungen zu sammeln und unseren Lernprozess fortzusetzen." Zur neuen Saison nimmt der einstige Jugendtrainer wieder vier U19-Spieler mit in seinen Kader, mithilfe von ein oder zwei erfahrenen Spielern würde das Team gerne bald richtig angreifen - in dieser Saison wäre aber ein Aufstieg zu früh gekommen. "Wenn man an alle Vereine denkt, dann ist eine Annullierung der Saison vielleicht das Sinnvollste. Allen kannst Du es nicht recht machen..." 

Einen Saison-Abbruch mit Wertung der aktuellen Tabelle befürwortet Freckenhorsts Seniorenobmann Heinz Goldmann. "Die Saison fortzusetzen, würde für uns nicht infrage kommen", betont er - nicht zuletzt, weil das Team zuletzt massive personelle Sorgen hatte, die vielleicht bei möglichen Englischen Wochen im September nicht mehr zu kompensieren wären. "Das war zum Schluss schon krass. Und überhaupt: Wir wären Spielerwechsel geregelt? Da gibt es viel zu viele offene Fragen." Und weil der Rahmenterminkalender ohnehin bereits wild durcheinander gewürfelt wurde, macht er gleich noch einen Vorschlag: "Warum halten wir uns beim Spielplan nicht gleich ans Kalenderjahr? Dann kannst Du auch mal unter der Woche abends spielen. Dass die Meisterfeier dann im Winter wäre, ist doch das geringste Problem..."