Wenn Biber am Trikot nagen

Von Fabian Renger

(06.04.20) Das Kreuzband hält. Das ist gar nicht so unwichtig. Und bei Marvin Deckert definitiv eine berechtigte Frage. Mit 16 riss es bei ihm zum ersten Mal, dann später zwei weitere Male innerhalb kürzester Zeit. "Das hält 1A. Toi, toi, toi, da muss auch nicht nochmal was kommen", sagt der 26-Jährige. "Die Spritzigkeit ist vielleicht auch nicht mehr so, wie sie einmal war, aber es reicht noch, um passabel gegen die Murmel treten zu können."

Das stimmt. Gerade hat der BWL-Student der FH Münster eine Online-Vorlesung hinter sich gebracht, da rufen wir ihn an. Es gibt News: Deckert, zumindest eine kleine Legende am Brandhoveweg, wird zur neuen Saison Co-Trainer der Zweiten des VfL Wolbeck. Dort spielte in der Jugend, seit 2018 ist er zurück und momentan Mannschaftskapitän. Fünf Tore gelangen ihm diese Saison, voriges Jahr waren es immerhin zehn. Warum der Westfalenliga-Erfahrene beim TuS Hiltrup jetzt ins Trainer-Business einsteigt, Jörg Eichholt gemeinsam mit Danicious Jeyandran unter die Arme greift - und wieso er zuletzt die Rückennummer 70 getragen hat...

Heimspiel: Marvin, warum wirst du jetzt Co-Trainer? In einem Interview vor fünf Jahren hast du uns gesagt, du würdest nicht den Betreuer geben. Robin Paton würdest du seine Schuhe nicht da hinstellen und seine Trikots würdest du nicht falten wollen. Als Co-Trainer wirst du da wohl drum herum kommen, nehme ich an.
Marvin Deckert (lacht): Ich kann jetzt seit drei Jahren wieder verletzungsfrei und ohne Sorgen kicken, da hat sich das jetzt einfach ergeben. Die letzten zwei Jahre waren ziemlich cool mit der Truppe, ich hab mir aber auch viele Gedanken gemacht, ob ich mich nicht umorientiere. Gerade weil Jörg und Dani die Mannschaft ja eigentlich verlassen wollten. Da war alles im Ungewissen.

Dann kam das Angebot.
Deckert: Als die beiden dann aber gesagt haben: Yo, wir machen weiter und würden das gerne mit dir machen, hat sich das dann ganz gut angeboten. Wir verstehen uns in der Truppe alle mega gut und sind miteinander befreundet. Jeder kennt jeden.

Jörg ist Cheftrainer, du mit Dani Co-Trainer?
Deckert: Genau. Jörg tritt dann ins erste Glied, ich kann ihm dann als nochmal verlängerter Arm - der ich ja sowieso schon bin - ein bisschen mehr unter die Arme greifen. Gerade auch in der Trainingsgestaltung kann ich Einfluss nehmen oder selbst mal das eine oder andere Training leiten. Ich hatte sowieso geplant, irgendwann in die Trainertätigkeit einzusteigen.

Kapitän und Co-Trainer - das beißt sich aber wahrscheinlich.
Deckert: Da haben wir noch gar nicht drüber gesprochen. Das spielt im Endeffekt auch keine Rolle. Wir haben genug Jungs, die das Amt auch sehr gut ausüben können. 

Du bist seit zwei Jahren jetzt dabei. Warum ist es eine coole Truppe - nur, weil ihr euch gut am Thresen versteht?
Deckert (lacht): Man kennt schon alle gefühlt seit 20 Jahren, die meisten sind schon bei den Minikickern beim VfL angefangen. Wir haben einige Geschwisterpaare und so sind viele Freundeskreise entstanden. In der Freizeit machen wir relativ viel gemeinsam - sowohl am als auch außerhalb des Thresens. Das ist echt eine riesengroße Gemeinschaft, das ist schon besonders und echt cool.

Du trägst viele verschiedene Rückennummern. Mal die 10, mal die 34, mal die 16, zuletzt die 70...
Deckert: Es gibt eigentlich feste Nummern und feste Trikots. Allerdings ist das jetzt auf den Kollegen Möllmann zurückzuführen. Wir haben keinen Wäschedienst und machen das alle frei nach Liste. Und der Kollege Möllmann hat offensichtlich Schwierigkeiten, Trikots vernünftig zu waschen. Als ich dann eines Tages mein Trikot zum Spiel anziehen wollte, da sah das so aus, als hätte ein Biber dran genagt. Ungefähr 30 Löcher waren drin - er kann sich's nicht erklären.(lacht) Aber ein Neues ist schon bestellt und liegt parat.

Mit der 10?
Deckert: Ja. Aber das ist alles auf Sven Möllmann zurückzuführen. Der ist schuld.

Das neue Trikot muss er jetzt bezahlen, nehme ich an...
Deckert: Er wollte sich tatsächlich drücken, weil er meint 'Was kann er denn für seine Waschmaschine'. Weil wir aber eine solidarische Gemeinschaft sind, wird das nun aus der Kasse getragen.(lacht)

Was hast du sonst vor bei der Reserve, abgesehen vom Wäsche-Business: Mit 26 Jahren ist das ja eigentlich das perfekte Einstiegsalter für einen Trainer. Hast du schonmal eine Mannschaft trainiert?
Deckert: Ja, das ist aber lange her, da lagen die Prioritäten auch anders. Mein kleiner Bruder war da in der Mannschaft und die hatten keinen Trainer - das war so eine U10-Geschichte. Wo die Reise dann aber mal hingeht, mal schauen.

Warum spielst du eigentlich in der Zweiten? Du warst ja vorher bei eurer Ersten und beim TuS Hiltrup höherklassig unterwegs...
Deckert: Ich glaube, da kann man so ehrlich sein: Es gab ein paar interne Differenzen bei uns. Aber das ist auch kein Geheimnis und alles wieder aus der Welt. Und die Tatsache, dass so viele Freunde wieder in der Zweiten angefangen haben, da dachte ich: Komm, das machst du mal mit. Zumindest ein Jahr. Dann sind wir ja relativ überraschend aufgestiegen und dann will man auch den nächsten Schritt mitmachen. Wenn sich das so zu einer positiven Geschichte entwickelt, macht das schon mega Laune.