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SV Burgsteinfurt - Die Seuchenvögel
von Christian Lehmann
(06.11.20) Es sollte doch alles besser werden. Nach der Seuchen-Saison 2019/20, die der SV Burgsteinfurt auch aufgrund zahlreicher Verletzungsausfälle nur auf einem enttäuschenden 6. Platz abschloss, hatte sich die Mannschaft von Trainer Christoph Klein-Reesink für die neue Runde richtig viel vorgenommen. Auf dem Transfermarkt wurde gut geshoppt, sechs Neuzugänge (Jan-Hendrik Koers, Yannik Willers, Levin Schmieder, Yannik Grabbe, Andrej Schultheis und Alex Moll) sollten den Kader nicht nur qualitativ, sondern auch in der Breite aufwerten.
Und dann das: Von den sechs Neuen zogen sich zuletzt Schmieder und Grabbe einen Kreuzbandriss zu, Willers hat verletzungsbedingt noch gar nicht gespielt, Koers kommt nur auf knapp 280 Einsatzminuten. Torjäger Alex Hollermann, der nach einer Meniskus-OP nun wieder eingestiegen ist konnte dem Team ebenso selten helfen wie Thomas Artmann, Lars Bode oder Lars Kormann. Die neue Spielzeit hat genauso begonnen, wie die alte endete.
Ist der Kunstrasen schuld?
Warum das Verletzungspech ausgerechnet sein Team so hart trifft, kann sich Klein-Reesink nicht erklären. Er hat sogar mit Spezialist Dr. Schulte aus Rheine Rücksprache gehalten, um zu ergründen, was da schiefläuft. Na klar, der SVB hat einen ziemlich in die Jahre gekommenen, stumpfen Kunstrasen. Daran allein kann es jedoch nicht nur liegen. "Er macht einfach das falsche Training", flachst SVB-Spaßvogel Nico Schmerling. Der Mittelfeldspieler ist einer der wenigen im Team der Stemmerter, der in den vergangenen Jahren so gut wie nie verletzt war. "Ernsthaft: Wir hatten schon mehrere Gespräche und wissen wirklich nicht, woran es liegt. Yannik Willers hat mir erzählt, dass er vorher noch nie verletzt war. Bei uns hat er bisher keine Minute auf dem Platz gestanden. Levin Schmieder hat Beine wie ein Stier und einen Körper wie ein Wrestler. Der kann sich eigentlich gar nicht das Kreuzband reißen..." Und doch ist genau das passiert.
Unter den gegebenen Umständen ist Klein-Reesink, obwohl er natürlich viel lieber spielen würde - gar nicht so unglücklich über die Zwangspause. Zumindest Willers, Artmann, Koers, Bode und Hollermann könnten nach der Spielunterbrechung wieder voll fit sein. Die bisherigen acht Spiele waren auch sonst ein nahezu exaktes Spiegelbild der vergangenen Spielzeit. Fast immer war es knapp, fast immer stand der SVB hinten sicher, war spielerisch überlegen. Es fehlten jedoch meist die Tore vorne. Ein adäquates Backup für Hollermann, Bezirksliga-Torschützenkönig der vergangenen beiden Spielzeiten, gibt es nicht. Gegen Germania Hauenhorst traf Kai Hintelmann dreimal, das waren aber auch seine einzigen Hütten in dieser Spielzeit. "Kai weiß doch selber nicht, wie er die gemacht hat. Uns fehlt einfach ein zweiter Stürmer, der so trifft wie Holli", sagt Schmerling. Kapitän Lucas Bahlmann gibt seinem Teamkollegen Recht: "Holli ist jemand, der vor dem Tor nicht viel braucht. Das ist eine Qualität, die allen anderen ein bisschen abgeht. Auch mir."
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Training mit acht, neun Mann
Bahlmann nervt die aktuelle Situation generell. "Es ist schon sehr deprimierend, wenn Du nur mit acht oder neun Leuten trainieren kannst. Dadurch geht ja auch der Konkurrenzkampf verloren, den Du brauchst, um dich zu besseren Leistungen zu pushen." In der Vorsaison zählte er noch selbst zu denen, die lange zusehen mussten. Am 1. Spieltag gegen GW Gelmer feierte er sein Comeback, ohne zuvor ein Freundschaftsspiel bestritten zu haben. Er kann nachvollziehen, wie sich die Kollegen fühlen - und weiß, dass der Weg zurück zu alter Stärke lang ist. "In den ersten Spielen war ich viel mit mir selbst beschäftigt, mittlerweile fühle ich mich wieder besser." Auch Tobias Kiwit ist nach fast eineinhalb Jahren Pause wieder fit und hat sich einen Stammplatz erkämpft. Es gibt also auch erfreuliche Nachrichten aus der Kreisstadt.
Es gab auch gute, souveräne Auftritte wie etwa bei den Siegen über den TuS Graf Kobbo Tecklenburg (1:0) oder GW Gelmer (2:0). Auch mit dem 1:1 bei der starken Neuenkirchener Reserve hätten sie zähneknirschend leben können in der Kreisstadt. Die jüngsten Pleiten bei Münster 08 (1:3) und gegen die ISV (1:2) haben die Stemmerter allerdings in der Tabelle zurückgeworfen. Bereits gegen BW Aasee am 2. Spieltag hatte das Team beim 1:1 "völlig unnötig Punkte liegenlassen" (Klein-Reesink). Insgesamt 14 Zähler hat die Truppe in acht Spielen gesammelt, sechs weniger als der Tabellenführer SC Greven 09. Das ist ein Brett.
Noch nicht abgeschrieben
Trotz des ausbaufähigen Saisonstarts und der personellen Misere glauben viele Liga-Kenner nicht, dass der SVB schon raus ist aus dem Titelrennen. Auch Grevens Coach Mirsad Celebic weiß, warum er die Stemmerter im Blick behält. "Burgsteinfurt hat eine tolle Mannschaft, die Du niemals unterschätzen darfst - auch wenn sie einige Ergebnisse dabei hatten, die mich überrascht haben. Sie waren schon früher extrem heimstark und haben einen extrem guten Trainer. Reese steckt nie auf und gibt an der Seitenlinie alles für seine Mannschaft."
Auch der Coach selbst hat seine Jungs noch nicht abgeschrieben: "Sollten wir nur die Hinserie spielen können, wird es natürlich schwer. Sechs Punkte sind aber aufzuholen, zumal für uns noch viele Duelle gegen die Teams von oben anstehen. Abschreiben würde ich uns nicht, wir müssen es aber auf den Platz bringen." Schmerling ergänzt: "Ich will immer noch Erster werden. Es wird nicht leicht, aber wir wollen nicht um die Goldene Ananas spielen. Da werde ich lieber Zehnter..." Auch Bahlmann ist optimistisch: "Wenn ich uns jetzt abschreiben würde, bräuchten wir nach der Pause nicht mehr zum Training gehen. Ich glaube auf jeden Fall noch dran!"
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