Oberliga Westfalen
Noch einige Fragezeichen
von Christian Lehmann
(28.01.21) In der Oberliga Westfalen ist Druck auf dem Kessel. Die personellen Planungen in der höchsten Amateurfußball-Spielklasse in Westfalen waren und sind in diesem Winter durch die Corona-Krise deutlich erschwert. Wie sich die Klubs in dieser Phase für die Zukunft wappnen, haben wir euch anhand der wichtigsten Personalien in einer kleinen Übersicht aufgeführt.
Erstaunlich: Während in den unterklassigen Ligen die Trainerfrage für die kommende Spielzeit nahezu flächendeckend geklärt ist, haben einige Oberligisten noch längst nicht alles in trockenen Tüchern. Bemerkenswert: Während ein halbes Dutzend Vereine noch keinen endgültigen Vollzug in der Trainerfrage melden können, haben im Tabellenkeller fast alle Klubs ihren aktuellen Coaches das Vertrauen ausgesprochen - und das zum Teil langfristig.
Das ist der Status Quo in der Oberliga Westfalen
FC Gütersloh: Eine bewegte Geschichte liegt hinter dem einstigen Zweitligisten, der im Jahr 2000 neu gegründet wurde und sich nun anschickt, wieder in höhere Sphären vorzudringen. Die Lizenzunterlagen für die Regionalliga haben die Ostwestfalen jedenfalls auf dem Tisch liegen. Stellvertretend für den Aufschwung steht Cheftrainer Julian Hesse. Der 31-Jährige ist seit März 2019 da - damals kämpfte der Klub noch um den Klassenerhalt. Nach einem nahezu märchenhaften Ligastart mit acht Siegen und einem Remis aus neun Partien wurde sein Arbeitspapier bereits im Oktober bis 2022 verlängert.
Holzwickeder SC: Trainer Axel Schmeing war mit dem Saisonziel Klassenerhalt angetreten - da machen sich sechs Siege aus bisher sechs Ligaspielen jetzt nicht unbedingt sooo schlecht - vor allem, wenn man bedenkt, dass die Mannschaft Corona-bedingte Personalprobleme hatte. Am Donnerstag (28. Januar) wurde bekannt, dass der Aufstiegstrainer, der dem Verein seit 2016 zu Diensten ist, den Klub am Saisonende verlassen wird.
Westfalia Rhynern: Einige Heimspielianer haben Michael Kaminski vermutlich noch als Spielertrainer der Hammer SpVgg II in Erinnerung, mit der er in der Relegation gegen den SC Altenrheine 2018 den Aufstieg in die Landesliga packte. Anschließend wechselte er zum Regionalliga-Absteiger nach Rhynern, wo man sehr angetan von der Arbeit des 36-Jährigen ist. Nach zwei fünften Plätzen in den vergangenen beiden Spielzeiten ist Rhynern aktuell noch ungeschlagen und Tabellendritter. Mitte Januar weitete der Verein die Zusammenarbeit mit dem Trainer um zwei Jahre aus.
TSG Sprockhövel: Trainer-Eigengewächs Andrius Balaika ist mit der TSG in den vergangenen Jahren durch dick und dünn gegangen. Der 42-jährige Litauer, der auch schon die U19 des Klubs in die Bundesliga geführt hatte, wagte 2016 mit seinem Team das Abenteuer Regionalliga und lieferte nach dem direkten Wiederabstieg in den Folgejahren schwankende Platzierungen (10./4./15.). In dieser Saison lief es richtig prima, nur eine Niederlage kassierter der Liga-Vierte in sieben Spielen. Zuletzt ließ Balaika in einem Reviersport-Interview durchblicken, dass den Verein in der Corona-Pandemie auch finanziell bedingte Zukunfts-Sorgen beschäftigen. Dennoch bleibt der Übungsleiter an Bord, das gab der Verein ganz frisch am Mittwoch (26. Januar) bekannt.
ASC Dortmund: Antonios Kotziampassis übernahm den Verein vor knapp einem Jahr, als er gegen den Abstieg in die Westfalenliga kämpfte. Inzwischen hat der 47-jährige Grieche den ASC in die Oberliga-Spitze geführt. Bereits Ende Dezember haben sich Coach und Klub deshalb auch für zwei weitere Jahre die Treue geschworen. Als "Verlängerungs-Geschenk" hat der Sportliche Leiter Samir Habibovic nun mit Filippos Selkos einen ehemaligen Spieler von Panionois Athen unter Vertrag genommen. Der 21-jährige Stürmer kam beim griechischen Profiverein allerdings nie zum Einsatz. In Deutschland spielte er für bereits für den Hombrucher SV und den SC Paderborn.
1. FC Kaan-Marienborn: Im Sommer 2019 rückte Tobias Wurm als Nachfolger des mittlerweile beim Regionalligisten Bonner SC freigestellten Thorsten Nehrbauer vom "Co" zum Chefcoach auf. Die Vorsaison schloss das Team auf Rang neun ab, aktuell hält sie mit fünf Siegen, einem Remis und einer Pleite aus sieben Spielen Kontakt zur Spitzengruppe. Die Zukunft des Coaches ist auch deshalb noch unklar, weil der Verein offenbar eine Fusion mit Ligakonkurrent Sportfreunde Siegen in Betracht zieht.
RSV Meinerzhagen: Denkbar knapp und extrem unglücklich verpasste der Klub von Ex-BVB-Profi Nuri Sahin in der Vorsaison den Aufstieg. Obwohl die aktuelle Spielzeit mit bereits drei Pleiten in acht Spielen für den Ligasiebten nicht ideal lief, hat der vor der Saison als Topfavorit gehandelte Klub die nötigen Lizenzunterlagen für die Regionalliga angefordert. Trainer Mutlu Demir, der in diversen Funktionen den kometenhaften Aufstieg von der Kreisliga C in die Oberliga-Spitze begleitete, hat sich nach unseren Informationen noch nicht zu seiner Zukunft geäußert.
SpVgg Vreden: Dass er mit seiner neuen Mannschaft in der Oberliga so durchstarten würde, hat Engin Yavuzaslan sicherlich vermutlich nicht mal selbst erwartet. Die Bilanz des Nachfolgers von Rob Reekers beim Tabellenachten lässt sich sehen, deshalb waren sich Verein und Trainer auch bereits im Oktober einig, dass es weitergehen soll. Während die Spieler beim Heim-Training auf den eigens angeschafften Spinning-Bikes schwitzten, stellten die Verantwortlichen erfolgreich den Kader für die neue Spielzeit zusammen. Mit Ausnahme von Jari Hellegers und Niklas Hilgemann konnte der Klub sein Personal halten, auch in Zukunft möchte Vreden weiterhin auf Eigengewächse aus der näheren Umgebung setzen. Der Verbleib von Liga-Toptorjäger Nicolas Ostenkötter (neun Saisontore) erfreut die Verantwortlichen.
SG Wattenscheid 09: Die glorreichen Bundesliga-Zeiten mit Soulaymane Sané und Co. sind schon lange vorbei im Lohrheidestadion, inzwischen hat sich die SG Wattenscheid 09 nach überstandenem Insolvenzverfahren in der Oberliga stabilisiert - und das mit einer komplett neu zusammengewürfelten Truppe. Trainer Christian Britscho genießt auch weiterhin das Vertrauen und hat bei der Verpflichtung von Tim Forsmann seine Finger mit im Spiel. Der 27-jährige Defensivspieler vom Ligakonkurrenten TuS Haltern steht als erster Neuzugang fest. Zu Jahresbeginn wurde zudem bekannt, dass Mohamed El-Gattass, Adjany Ibeme und Philipp Kunz ihre Verträge aufgelöst haben.
Sportfreunde Siegen: Nach Holper-Start legte die Mannschaft von Trainer Tobias Cramer kurz vor der Corona-Pause eine Serie hin und brachten auch Ligaprimus FC Gütersloh den einzigen Punktverlust bei. Der Coach hat noch nicht offiziell verlängert, plant aber offenbar schon, noch ein wenig zu bleiben. Gegenüber Reviersport sagte er vor einigen Tagen, dass er mit seiner Mannschaft langfristig gerne die Regionalliga ins Visier nehmen würde. Bei aktuell vier Punkten Rückstand auf Tabellenplatz zwei ist ja womöglich sogar mittel- bis kurzfristig etwas drin.
SC Preußen Münster II: Im Sommer endet eine Ära an der Hammer Straße. Seit 2007 sitzt Sören Weinfurtner auf der Trainerbank der Adlerträger, seit 2012 ist er Cheftrainer der Zweiten. Dass der Klub sich in der Oberliga etabliert und mehrere Talente ausgebildet und entwickelt hat, die aktuell im Profikader Freude bereiten, ist auch und vor allem der Verdienst des 42-jähringen Coaches, der künftig die Leitung der Nachwuchsabteilung übernehmen soll. Wer sein Nachfolger wird, soll dem Vernehmen nach in den kommenden Tagen entschieden werden.
TuS Ennepetal: Seit 2018 betreut Alexander Thamm den Tabellenzwölften. Der Ex-Profi, der in der Bundesliga dreimal für den VfL Bochum auflief, fühlt sich sehr wohl beim TuS und kann sich durchaus vorstellen, seine Arbeit fortzuführen. Allerdings braucht er aufgrund beruflicher Verpflichtungen mehr Unterstützung im Trainerteam. Gespräche in diese Richtung laufen derzeit.
TuS Haltern: Im vergangenen Jahr sorgte der TuS Haltern mit der Einführung des "Bilbao-Konzepts" für Aufsehen. Um den Weg mit einheimischen Spielern konsequent gehen zu können, verzichtete der Verein freiwillig auf die Regionalliga. Auch eine Klasse tiefer läuft sportlich nicht alles rund, mit der Umsetzung ihrer selbst gesetzten Vorgaben sind sie am Stausee aber voll zufrieden. Erst recht mit Trainer Timo Ostdorf, dem laut Verein "Gesicht des Bilbao-Konzepts". Mit ihm wurde bereits vor dem Jahreswechsel für gleich zwei weitere Jahre verlängert. Im Winter hat der Klub zudem Noah Schulz (21) vom ASC Dortmund verpflichtet. Der Rechtsverteidiger kommt - na klar - aus Haltern.
TuS Erndtebrück: Stefan Trevisi ist seit Februar 2020 Trainer am Pulverwald, mit seiner Arbeit ist der Verein hochzufrieden - auch wenn die Torausbeute nach acht Spielen (sechs Treffer) besser sein dürfte. Im Dezember einigten sich Klub und Trainer auf eine weitere Zusammenarbeit in der kommenden Saison.
SC Paderborn II: Unter Corona-Bedingungen nahm SCP-Trainer Michel Kniat im vergangenen Jahr am DFB-Fußball-Lehrer-Lehrgang teil - unter anderem an der Seite von Miroslav Klose und Kim Kulig. In Ostwestfalen wird die Arbeit des 35-jährigen Übungsleiters geschätzt. Schon im September gab der Verein bekannt, dass die seit 2017 bestehende Zusammenarbeit auch in der neuen Spielzeit fortgesetzt wird.
SV Schermbeck: Ende Oktober bestritt der SV Schermbeck beim FC Eintracht Rheine in einer gespenstischen Atmosphäre das letzte Oberliga-Spiel vor dem Lockdown - und feierte beim 3:1-Auswärtserfolg den ersten Saisonsieg überhaupt. Trainer Sleiman Salha, der im Laufe der Saison das Amt des entlassenen Thomas Falkowski übernommen hat und in sieben Spielen auf der Trainerbank saß, bleibt auch in der kommenden Saison.
SG Finnentrop/Bamenohl: Innerhalb von vier Jahren hat Trainer Ralf Behle den Verein von der Landesliga in die Oberliga geführt. Zweifel an seiner Person gibt es beim Aufsteiger daher keine. Mitte Dezember wurde die Vertragsverlängerung bekanntgegeben. Einen Wechsel gab es derweil auf der Position des Sportlichen Leiters. Simon Machula tritt die Nachfolge von Andre Ruhrmann an. Die Spieler Robin Entrup und Philip Fischer verließen den Verein im Winter.
FC Eintracht Rheine: Eigentlich hätte der FCE nach der Ära Uwe Laurenz gerne auch mit Tobias Wehmschulte langfristig zusammengearbeitet. Die Corona-Krise und eine sportliche Talfahrt machten nach einer ordentlichen Premierensaison im Jahr 2020 dem Trainerteam und Verantwortlichen einen Strich durch die Rechnung. Nachdem Wehmschulte dem Verein im Dezember eröffnet hatte, dass er sich zur neuen Saison wieder dem SuS Neuenkirchen anschließen wolle, zog FCE-Sportleiter Sebastian Kockmann einen endgültigen Schlussstrich und beurlaubte den Coach zu sofort. Auch Wehmschultes loyaler Co-Trainer Hasan Ürkmez verließ daraufhin den Verein. Cihan Tasdelen, früherer Nachwuchscoach beim SC Preußen Münster, soll die Mannschaft aus dem Tabellenkeller führen, sofern die Saison nochmal fortgesetzt wird. Sein Vertrag gilt auch für die kommende Spielzeit.
Victoria Clarholz: Der Überraschungs-Aufsteiger steht seit Jahren für Kontinuität und setzt vorwiegend auf selbst ausgebildete Talente. Das dokumentiert auch der Weg von Christopher Hankemeier, der dem Verein viele Jahre als Spieler und Jugendtrainer diente und nach zwei Jahren als "Co" von Frank Scharpenberg 2017 in die Cheftrainer-Rolle schlüpfte. Im Sommer geht der 31-jährige Inhaber der DFB-Elite-Jugendlizenz in sein fünftes Trainerjahr.
Westfalia Herne: Als Spieler wechselte Trainer Christian Knappmann nahezu jedes Jahr den Verein, bei Westfalia Herne ist der 39-Jährige trotz streitbarer Auftritte, Insolvenzverfahren und reichlich Trubel heimisch geworden. Sein langfristiger Vertrag gilt sogar bis zum 30. Juni 2023. Für die kommende Spielzeit hat der Ruhrpott-Klub bereits vier Neuzugänge an Land gezogen: Jan-Niklas Kaiser (TuS Haltern), Deniz Ergüzel, Cedrik Dürschke, Ebeny Nguimba (alle DSC Wanne-Eickel U19). Schon an sofort einsatzfähig wären Rückkehrer Maurice Temme (Türkspor Dortmund) und Dominik Schönnebeck (zuletzt Borussia Dortmund U19).
Hammer SpVgg: Kein Sieg in 20 Spielen der abgebrochenen Vorsaison, noch kein Punkt in der aktuellen Spielzeit - bei der Hammer SpVgg sind sie inzwischen Kummer gewöhnt. Trotzdem wird Steven Degelmann, der vor einem Jahr vom TuS Wiescherhöfen kam und Rene Lewejohann beerbte, auch in der neuen Saison auf der Trainerbank sitzen. Und nicht nur das: Der neue Vertrag des früheren Innenvertediigers gilt sogar auch für die Saison 2022/23. "In dieser Zeit sowohl ein Zeichen der Wertschätzung seiner Arbeit an Steven, aber auch ein vertrauensvolles Zeichen des Trainers an den Verein und an die Mannschaft, die nächste Zeit und Saisons gemeinsam anzugehen", kommentierte der Klub die Personalie im Dezember.